Hohes Armutsrisiko für deutsche Rentner
26. November 2013Die Prognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist düster: Ein Geringverdiener, der 2012 ins Arbeitsleben eingestiegen ist, wird im Alter nur 42 Prozent von seinem durchschnittlichen Bruttoeinkommen erhalten. In einem Vergleich der 34 Industrienationen, die sich in der OECD zusammengeschlossen haben, belegt Deutschland damit den letzten Platz. Vorletzter ist Polen mit 49 Prozent. Dänemark führt die Tabelle an: Hier werden Geringverdiener im Alter voraussichtlich 121 Prozent ihres vorherigen Bruttolohns erhalten. Der OECD-Durchschnitt liegt etwa 70 Prozent. Als Geringverdiener gilt, wer weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens verdient.
In den meisten Industrienationen werde zugunsten der Geringverdiener umverteilt, so die Begründung. Die Finanzkrise habe dazu beigetragen, dass die Mehrzahl der OECD-Staaten ihre Rentensysteme reformiert hat. In den meisten Fällen liege die Last der Reformen vor allem auf den Schultern der Durchschnitts- und Besserverdienenden.
Frauen besonders betroffen
In Deutschland hingegen hänge die Rente stark davon ab, was der Einzelne einzahlt. "Es fehlt an einer systematischen Lösung der Altersarmut", sagt Monika Queisser, Leiterin der OECD-Abteilung für Sozialpolitik. Niedrigverdiener in Deutschland sollten "nachhaltig abgesichert werden". Die Ursachen für die Probleme würden häufig bereits im Arbeitsmarkt liegen: Frauen seien besonders stark von Altersarmut bedroht, weil sie häufiger in Teilzeit arbeiteten und bei gleicher Arbeit oft weniger verdienten als ihre männlichen Kollegen.
Der "Datenreport 2013", der unter anderem vom statistischen Bundesamt herausgegeben wird, zeigt auf, dass es in Deutschland momentan so viele Erwerbstätige gibt wie noch nie. Gleichzeitig verfestige sich jedoch auch die Armut. Grund dafür sei die Zunahme sogenannter atypischer Beschäftigungen: Minijobs, Werks- oder Honorarverträge, befristete Jobs, Leiharbeit. Dem Datenreport zufolge arbeitet heute jeder fünfte Arbeitnehmer nicht auf einer normalen sozialversicherten Stelle.
Nicht nur das Einkommen zählt
Aber auch Immobilienbesitz, Finanzvermögen und staatliche Leistungen beeinflussen den Lebensstandard im Alter. Auch hier kommt Deutschland nicht gut weg: Ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung hat der Studie zufolge nur jeder zweite deutsche Rentner - im OECD-Schnitt sind es 76 Prozent. Für Ältere besonders wichtig seien außerdem Gesundheits- und Pflegedienste, Ermäßigungen bei der Miete, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder für kulturelle Angebote. Im OECD-Schnitt erhöhen diese Leistungen das Einkommen der Rentner um 40 Prozent, in Deutschland sind es 30 Prozent.
hmf/re (afp, epd, rtr)