Hoffnungszeichen für Syrien?
30. Oktober 2015Neben den Vereinten Nationen und der Europäischen Union nehmen 17 Länder an den Verhandlungen in der österreichischen Hauptstadt teil, darunter erstmals auch der wichtige syrische Verbündete Iran. Zudem sind die Nachbarländer Türkei, Libanon, Jordanien und Irak vertreten. Auch Russland, das seit einem Monat zur Unterstützung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Luftangriffe fliegt, ist mit dabei.
Die eigentlichen Konfliktparteien, die syrische Regierung einerseits und die Rebellengruppen andererseits, nehmen dagegen nicht an der Konferenz teil.
Nur ein erster Schritt
Bei den Gesprächen wird kein Durchbruch erwartet. Doch es gilt schon als als Fortschritt, dass erstmals überhaupt alle wichtigen ausländischen Akteure in dem Konflikt an einem Tisch sitzen. Und: Kurz nach Beginn verlautete bereits aus der Wiener US-Delegation, dass es in der kommenden Woche eine weitere Gesprächsrunde geben könnte. Ein UN-Vertreter ließ zudem durchblicken, dass sich die Erzrivalen Iran und Saudi-Arabien - ausgehend von dem Wiener Treffen - auf weitreichendere direkte Verhandlungen verständigen könnten.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte vor Beginn des eintägigen Treffens von einem "Hoffnungszeichen für Syrien und die Region" gesprochen. "Was in den letzten Wochen und Monaten unmöglich schien, findet heute hier in Wien statt", erklärte der SPD-Politiker. Nicht nur die USA, Russland und Europa kämen zu Gesprächen zusammen, sondern auch die Nachbarn des Bürgerkriegslandes.
"Iran und Saudi-Arabien sitzen zum ersten Mal gemeinsam am Tisch mit allen anderen", sagte Steinmeier. Zugleich appellierte er an alle Beteiligten, Verhandlungsbereitschaft zu beweisen. Jetzt gehe es darum, einen "ersten Schritt zu gehen für eine politische Lösung des Konflikts".
Auch die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, werteten den Beginn in Wien als ersten diplomatischen Erfolg.
Was wird aus Assad?
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, sagte, viele Staaten hätten eingesehen, dass es keine militärische Lösung geben könne. "Der wichtigste Aspekt dieser Gespräche ist, dass sie stattfinden und alle Staaten daran teilnehmen, die Einfluss auf den aktuellen Konflikt in Syrien haben", sagte er der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Das Treffen müsse den Syrern eine "Perspektive" geben.
Einer der Hauptstreitpunkte unter den Konferenzteilnehmern ist die Zukunft des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Dazu sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius: "Assad kann nicht als die Zukunft Syriens angesehen werden. Er wird an diesem oder jenem Moment nicht mehr im Amt sein können."
Neue Luftschläge bei Damaskus
Ungeachtet des diplomatischen Ringens in Wien dauern die heftigen Luftschläge in dem Bürgerkriegsland an. Bei Angriffen der syrischen Armee auf eine Rebellenhochburg nahe Damaskus wurden nach Angaben von Aktivisten mindestens 45 Menschen getötet. Wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die ihre Informationen von einem Netzwerk an Aktivisten in dem Bürgerkriegsland bekommt, berichtete, schlugen zwölf Raketen auf einem Marktplatz der Ortschaft Duma in der Ghuta-Region ein.
Rund 100 Menschen seien dabei verletzt worden. Die betroffene Region östlich der Hauptstadt gehört zu den am härtesten umkämpften Gebieten in dem mehr als vierjährigen Bürgerkrieg. Im August 2013 wurde dort den Vereinten Nationen zufolge Giftgas eingesetzt. Bis zu 1400 Menschen starben.
Der im März 2011 begonnene Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad hat Schätzungen zufolge bislang mehr als 250.000 Menschen das Leben gekostet. Der Bürgerkrieg zwang mehr als die Hälfte der rund 22 Millionen Syrer zur Flucht aus ihren Häusern.
sc/chr (APE, rtre, dpa, afp)