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Hoffnung für den Drill

Greg Norman24. Mai 2016

Der Drill gehört zu den seltensten Primaten Afrikas. Zwei amerikanische Forscher sind so fasziniert von den Tieren, dass sie ihr Leben seit 30 Jahren dem Schutz der Tiere widmen.

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3 Drills (Affen)
Bild: Thomas Marent

Drills sind einzigartig, keine Frage. Mit bis zu 50 Kilogramm Gewicht gehören sie zu den größten Affen außerhalb der Gruppe der Menschen-Affen. Nur ihre nahen Verwandten, die Mandrills, sind noch größer. Doch von den Drills haben die meisten Menschen vermutlich noch nie gehört. In den 1980er Jahren hielt man sie zunächst für bereits ausgestorben und noch immer gehören sie zu den seltensten und am meisten gefährdeten Primaten. Doch ihre Population hat sich erholt, und man findet sie in hoch entwickelten und komplexen Gruppen in den dichten Regenwäldern Südwest-Kameruns, im Südosten Nigerias und auf der Insel Bioko, die zu Äquatorialguinea gehört.

Liza Gadsby hat einen Großteil ihres Lebens und ihrer beruflichen Karriere damit verbracht, die Drills kennen und lieben zu lernen. Zusammen mit ihrem Mann, Peter Jenkins, leitet sie die #link:http://www.pandrillus.org/:Pandrillus Stiftung#, die beide vor 30 Jahren ins Leben riefen.

Ihr Hauptprojekt ist die "Drill-Farm", eine Aufzuchtstation und ein Rehabilitationszentrum, die an zwei Standorten angesiedelt ist. Das Hauptquartier ist in der Stadt Calabar in Nigeria. Dort befindet sich auch eine Pflegestation für bedrohte Schimpansen. Bevor sie hier ankommen, werden elternlose oder gerettete Drills an einem anderen Standort in Quarantäne gehalten: im Alfi Mountain Schutzgebiet. Die Stiftung unterstützt auch das Limbe Wildlife Zentrum jenseits der Grenzen Kameruns, wo auch andere bedrohte Primaten ein Zuhause gefunden haben.

Was ist ein Drill?

Gadsby und Jenkins kamen 1988 zum ersten Mal mal nach Nigeria, ursprünglich um Gorillas zu sehen. Aber nachdem sie mehr über die Drills erfuhren, wurden die farbenfrohen Primaten bald zu einer Leidenschaft der beiden - eine Leidenschaft, die nun schon 30 Jahre anhält.

Als sie mit Global Ideas spricht, ist Gadsby inmitten der Vorbereitungen für ihre Reise mit Jenkins in den Busch, um Alfi Mountain zu besuchen. Der Wildschutz-Park erstreckt sich über 98 Hektar dichtes Waldgebiet. Die entlegene Region ist immer noch eine Heimat für wilde Drills und Schimpansen.

"Niemand wusste etwas über sie, die Wissenschaft hatte sie übersehen", sagt Gadsby. "Und so machten wir uns [1989] auf, all die Gegenden zu untersuchen, in denen sie sich aufhalten könnten und einige Gebiete außerhalb, um zu sehen, ob sie noch immer dort anzutreffen waren. Wir ermittelten so ihre Verbreitungsgebiete und wo sie konkret immer noch lebten. Wir fanden 12 verschiedene Waldgebiete, drei von ihnen in Nigeria, die anderen in Kamerun. Aber insgesamt sind alle nur 35.000 Quadratkilometer groß - das ist kleiner als die Schweiz. Ihr Verbreitungsgebiet war vermutlich schon immer nur so groß gewesen, und damit ist es eines der kleinsten überhaupt, das irgendeine Primatenart in Afrika beherbergt."

Ihre sehr begrenzte Verbreitung und die Tatsache, dass sie in abgeschlossenen Gemeinschaften leben, die immer mehr voneinander isoliert sind, bedeuten, dass jede weitere Einschränkung oder Zerstörung ihres Lebensraumes die Überlebenschancen der Tiere verschlechtert.

Sie sind nicht nur Beute von Wildfleisch-Jägern. Auch neue geplante große Bauprojekte und industrielle Gummi- und Palmöl-Plantagen erhöhen das Risiko weiterer Entwaldung und bedrohen damit die Drills. So hat Nigeria zwischen 1990 und 2005 nach UN-Angaben beinahe 80 Prozent seiner natürlich gewachsenen Wälder verloren. Artenschützer wie Gadsby sehen bei weiteren Waldverlusten keine Chance mehr für die Drills.

Schrumpfender Lebensraum

Christos Astaras, ein Zoologe an der Universität von Oxford, studiert die Drills in Kamerun schon seit mehr als zehn Jahren, besonders im berühmten Korup Nationalpark. Am Ende ist es normalerweise eine Gewehrkugel, die einen Primaten tötet. Aber die fortschreitende Abholzung im Namen der Entwicklung macht immer mehr Waldgebiete anfällig für menschliche Eingriffe, die die Lebensräume der Drills und anderer Tiere zerstören.

"Einst zusammenhängende Wildpopulationen werden voneinander isoliert, damit wird das Risiko größer, dass sie auf lokaler Ebene ausgelöscht werden", sagt Astaras. "Die verbleibenden Waldgebiete sind aus immer mehr unterschiedlichen Richtungen zugänglich und können bejagt werden, was zur Folge hat, dass es immer weniger sichere Rückzugsgebiete gibt, in denen sich die Populationen erholen können."

"Dieser Druck macht sich mittlerweile selbst im Herzen der am besten geschützten Parks in der Region bemerkbar. Klar, dass dort viele Arten verschwinden werden. Mit großen Säugetieren wie dem Riesenschuppentier, dem Leoparden und der Goldkatze ist das bereits geschehen. Elefanten und einige Primatenarten werden die nächsten sein."

Viele Artenschutz-Projekte in Kamerun und Nigeria laufen sowohl mit internationaler Förderung als auch mit Unterstützung der nationalen Regierungen. Aber der Drill ist immer noch weitgehend unbekannt, sogar in den Ländern, in denen er lebt. Selbst eine Google-Suche nach seinem Namen liefert nur spärliche Resultate.

"Das Bewusstsein ist von Ort zu Ort unterschiedlich, aber generell wissen die Leute nicht wirklich, was der Drill für sie bedeuten könnte", sagt Serge Kadiri Bobo von der University of Dschang in West-Kamerun.

Lebenslanger Einsatz

Nach 30 Jahren Arbeit in Nigeria ist für Gadsby klar, dass Artenschutz und Entwicklung sich die Waage halten müssen. Ihrer "altmodischen" Auffassung vom Umweltschutz bleibt sie aber treu. "Wir müssen diese Gegenden schützen, weil sie nicht nur ein wichtiger Lebensraum für Wildtiere sind, sondern weil sie auch die Lebensgrundlagen für alle sichern. Die Flächen, die wir schützen, sind wichtige Wassereinzugsgebiete für die Menschen", sagt sie.

Sie macht sich Sorgen um die Überlebenschancen des einzigen alteingesessenen Primaten, der je in diesem Teil Westafrikas gelebt hat, aber sie glaubt, dass ihre Organisation mit dem Aufzuchtprogramm für die Tiere in Calabar einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Das ist besonders wichtig, weil Drills in Zoos kaum eine Chance haben, ihre Art zu erhalten. Die Zahl der in Gefangenschaft lebenden Drills ging auf nur 60 Exemplare zurück - sie wären genetisch nicht divers genug.

Trotz aller Herausforderungen ist die Leidenschaft von Gadsby und ihrem Mann für diesen seltensten aller Affen so stark wie eh und je. "Warum Drills cool sind? Nun, Du musst Dir nur einen anschauen und hast sofort die Antwort", sagt sie.

"Was sie ausmacht ist, dass sie unglaublich schön und charismatisch sind. Sie sind nicht nur bedroht, sondern auch taxonomisch einzigartig - es gibt nur ein anderes Mitglied ihrer Gattung. Und das macht ein Tier nochmal interessanter und - vom Standpunkt der Artenvielfalt aus gesehen - wertvoller."

Verschiedene Arten von Bushmeat werden aus einem Auto geholt
Die Jagd nach Bushmeat bedroht auch die DrillsBild: Imago/Nature Picture Library
Nahaufnahme der Augen eines Drills
Viele Menschen haben noch nie vom Drill gehört. Das macht es schwer, Unterstützung für ihren Schutz zu mobilisierenBild: Thomas Marent
Schild am Eingang des Limbe Wildlife Center
Das Limbe Wildlife Center ist das Lebenswerk von Liza Gadsby und ihrem Mann Peter JenkinsBild: AfricaTravelAssociation / CC BY 2.0