Hisbollah und Israels Armee überziehen sich mit Angriffen
22. September 2024Aus dem Libanon sind am Sonntagmorgen mehr als 100 Geschosse auf Israel abgefeuert worden. Wie die israelische Armee mitteilte wurden innerhalb weniger Stunden rund 115 Geschosse "in Richtung ziviler Gegenden in Nordisrael abgefeuert". Feuerwehren arbeiteten daran, durch herabfallende Trümmerteile verursachte Brände zu löschen.
Bereits in der Nacht seien Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert worden, hieß es weiter. Die Armee sprach von einer Gesamtzahl von rund 150 Geschossen bis zum Morgen. Nach Angaben des Rettungsdiensts Magen David Adom wurden vier Menschen durch Granatsplitter verletzt. Das Heimatfront-Kommando der israelischen Armee ordnete an, dass Schulen und andere Bildungseinrichtungen im Norden des Landes in Nähe zum Libanon bis Montagfrüh geschlossen bleiben sollen.
"Dutzende Raketen" auf Unternehmen Rafael
Die Hisbollah-Miliz im Libanon erklärte ihrerseits, sie habe Stätten israelischer Militärproduktion ins Visier genommen. Die sei "eine erste Reaktion" auf die Israel zugeschriebenen Explosionen von Kommunikationsgeräten der Hisbollah, hieß es in einer Mitteilung der vom Iran unterstützen Miliz. Unter anderem seien Industriekomplexe des israelischen Rüstungsunternehmens Rafael in der Nähe der Hafenstadt Haifa mit "dutzenden" Raketen "bombardiert" worden.
Weiter teilte die Miliz mit, mit Dutzenden Raketen den Militärstützpunkt Ramat David nahe Haifa und den dortigen Flughafen angegriffen zu haben. Es handle sich um eine Reaktion auf die "wiederholte israelische Aggression in verschiedenen Regionen des Libanon".
70 Ziele in 20 Minuten im Libanon attackiert
Das israelische Militär antwortete nach eigenen Angaben umgehend mit erneuten Angriffen auf "Ziele der Terrororganisation Hisbollah im Libanon". Dortige Sicherheitskreise sprachen von einer der schwersten israelischen Angriffswellen seit Beginn des gegenseitigen Beschusses im Oktober. Binnen 20 Minuten seien rund 70 Ziele angegriffen worden.
Bereits am Samstagabend hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben ihre massiven Angriffe auf die Hisbollah fortgesetzt. Nach Auskunft des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden bei Luftattacken zwei Dorfbewohner getötet und drei verletzt.
Israels Militär meldete zudem Angriffe aus dem Osten. Während der Nacht hätten sich "mehrere verdächtige Luftziele" aus Richtung Irak Israel genähert, die abgefangen worden seien. Pro-iranische Gruppen im Irak reklamierten einen Drohnenangriff auf Israel für sich. Die Gruppe "Islamischer Widerstand im Irak" - ein Zusammenschluss mehrerer Milizen im dem Land - teilte mit, ihre Kämpfer hätten ein "wichtiges Ziel" attackiert. Sie würden ihre Angriffe fortsetzen. Details wurden nicht genannt.
Seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges als Folge des beispiellosen Angriffs der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat sich auch der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah zunehmend verschärft. Der Norden Israels steht unter Dauerbeschuss der mit der Hamas verbündeten Miliz. Israel reagiert mit Gegenangriffen im Libanon. Zahlreiche Staaten, darunter auch die USA, stufen die Hisbollah wie auch die Hamas als Terrororganisationen ein.
Mit der gezielten Tötung hochrangiger Hisbollah-Kommandeure sowie der Israel zugeschriebenen Explosion von hunderten Pagern und Walkie-Talkies der Hisbollah spitzte sich die Lage in den vergangenen Tagen deutlich zu. Dabei waren insgesamt mindestens 37 Menschen getötet und mehr als 3400 verletzt worden. Die Zahl der Todesopfer nach dem israelischen Angriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut am Freitag stieg inzwischen auf 45.
Israel schließt Al-Dschasira-Büros im Westjordanland
Israelische Soldaten drangen unterdessen nach Angaben des arabischen TV-Senders Al-Dschasira in die Büros des Unternehmens in Ramallah im Westjordanland ein. Schwer bewaffnete und maskierte israelische Soldaten hätten eine 45-tägige Schließung verhängt, hieß es. Die israelische Regierung hatte bereits im Mai ein Notfallgesetz genutzt, den Betrieb des Senders in Israel einzustellen.
Das sogenannte Al-Dschasira-Gesetz ermöglicht Israels Regierung eine Schließung ausländischer TV-Sender, wenn diese als Risiko für die Sicherheit des Staats eingestuft werden. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den arabischen Sender als "Sprachrohr" der Hamas bezeichnet. Al-Dschasira wies die Vorwürfe zurück und sprach von einem "kriminellen Akt".
sti/pg/al (afp, dpa, rtr)