Hertha mit Glück zum Derbysieg
4. Dezember 2020"Ich bin Stürmer und das Wichtigste für mich ist es, Tore zu schießen. Darum bin ich heute sehr glücklich, ein tolles Gefühl", freute sich Doppeltorschütze Krysztof Piatek nach dem 3:1 (0:1)-Sieg seiner Hertha im Stadtderby gegen den FC Union im Interview mit DAZN. Ganz anders fasste es der andere entscheidende Mann des Spiels zusammen: "Es tut weh", gab Union-Torhüter Andreas Luthe nach dem Auftaktspiel zum 10. Spieltag der Bundesliga zu. "Wir haben sehr lange in Unterzahl gespielt und uns irgendwie gewehrt und gehofft, dass wir vielleicht durch einen 'lucky punch' das 2:0 machen können, aber Hertha hat auf die Chancen gewartet und das Spiel dann am Ende entschieden."
Luthe patzt zweimal entscheidend
Dabei verschwieg Luthe, dass er selbst es war, der der Hertha die Chancen quasi auf dem Silbertablett servierte. Ein von ihm zu sehr nach vorne abgeklatschter Ball nach einem Weitschuss führte zum 1:1 durch Petar Pekarik. "Ich bin froh, dass ich den Ball überhaupt noch zur Seite ablenken konnte", sagte Luthe und wollte sich selbst keine allzu große Schuld geben. "Er war ein bisschen abgefälscht und hoppelte. Mehr als zur Seite abwehren kann ich da nicht."
Deutlicher war es beim zweiten Treffer der Hertha, der das Spiel endgültig drehte: Nach einer schwachen Ballannahme mit dem Fuß und einem hektischen Fehlpass Luthes kam der Ball postwendend wieder in den Strafraum und Piatek schoss das 2:1. Der Grundstein für einen letztlich glücklichen Sieg war gelegt - drei Minuten später traf der Pole erneut.
Doch zuvor hatten die Unioner Spiel und Gegner im Griff, und das obwohl man nach dem frühen Platzverweis lange in Unterzahl spielen musste und sich nach dem 1:0-Führungstreffer fast nur noch auf die Defensive konzentrierte. Doch das taten die Gäste so gut, dass es einer schwung- und ideenlosen Hertha-Mannschaft regelrecht den Schweiß auf die verzweifelten Stirnen trieb. Erst Luthes Patzer entspannten die Lage.
Noch kein "Big City Club"
"Wir haben gezeigt, dass wir das bessere Team sind als Union", behauptete Krysztof Piatek, blendete dabei aber offenbar die vorherigen neun Spieltage aus. Denn die "Eisernen" aus dem Stadtteil Köpenick ganz im Osten der Metropole haben in dieser Saison bereits oft das gezeigt, wofür auch der selbsternannte "Big City Club" Hertha gerne bekannt wäre: schönen Fußball, unermüdlicher Einsatz und dadurch gute Ergebnisse - das Ganze versehen mit einer Art Star-Faktor.
Die Unioner haben in ihrer zweiten Bundesliga-Saison nun erst zum zweiten Mal verloren. 22 Tore haben sie bereits erzielt - nur Borussia Dortmund (21) und der FC Bayern (31) warten mit ähnlich guten oder besseren Zahlen auf. Und mit Max Kruse trägt ein Spieler das rote Union-Trikot, den sicher auch andere Bundesligisten gerne in ihren Reihen wüssten. Der nicht immer ganz skandalfreie Profi zeigt sich bei den "Eisernen" sportlich bislang von seiner besten Seite: Der Ex-Nationalspieler hat in zehn Spielen schon sechs Mal getroffen, hinzu kommen fünf Vorlagen. Kruse hebt das Spiel Unions auf ein neues Niveau - eines, das auch Hertha gerne öfter, wenn nicht sogar dauerhaft, erreichen würde. Entsprechend tief waren die Sorgenfalten bei den Unionern, als Kruse gegen Hertha kurz vor dem Ende verletzt ausgewechselt werden musste.
Feier vor der leeren Kurve
Krysztof Piatek, als Torjäger vom AC Mailand nach Berlin geholt, hat bislang erst drei Treffer und zwei Vorlagen zum noch mäßigen Erfolg seines neuen Klubs beigesteuert. Vielleicht war auch deshalb die Erleichterung nach dem ersten Heimsieg der Saison so groß, dass der Pole nach dem Schlusspfiff als Erster vor die leere Kurve lief und dort gemeinsam mit den Mitspielern vor den nicht vorhandenen Fans feierte.
"Es ist momentan schwierig für die Leute hier in Berlin. Sie können nicht ins Stadion kommen", erklärte Piatek die Geste. "Aber wir brauchen die Fans - und heute haben wir ihnen drei Punkte geschenkt."