Helfen Schweizer Banken bei der Steuerflucht?
10. August 2012Wie der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bestätigte, gibt es Hinweise, dass schweizerische Banken ihren Kunden helfen, Geld und Finanzanlagen in andere Länder, vor allem nach Fernost, zu schaffen. Es gebe Ermittlungen gegen Banken und ihre Mitarbeiter, “die ganz offensichtlich ganz systematisch Produkte entwickeln, damit Bürger der Bundesrepublik sich ihrer Steuerpflicht entziehen können“, so der Minister.
“Papierspur nach Singapur“
Woher die Erkenntnisse stammen, sagte das Finanzministerium nicht. Laut “Financial Times Deutschland“ (FTD) habe das Land erneut so genannte Steuer-CDs gekauft. Darauf hätten sich auch Daten über die Schweizer Großbank UBS befunden. Dem “FTD“-Bericht zufolge befinden sich auf der CD Videoaufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie hochrangige UBS-Mitarbeiter Anleitungen geben, wie deutsche Kunden ihr Geld am besten vor den Steuerbehörden verstecken können. "Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur", zitierte die Zeitung einen Insider im Umkreis des Finanzministeriums in Düsseldorf. Walter-Borjans bestätigte das aber nicht.
UBS wehrt sich gegen Vorwürfe der Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Die Großbank UBS wies in Zürich jeden Verdacht von sich. “UBS bietet den Kunden keine Unterstützung bei Handlungen, die der Umgehung ihrer Steuerpflichten dienen“, erklärte ein Sprecher der Bank. Seit der Ankündigung des Steuerabkommens habe die UBS zudem nicht festgestellt, dass ihre Kunden vermehrt danach fragten, wie sie ihr Vermögen in andere Regionen transferieren können.
Bund kritisiert Kauf von Steuer-CDs
Der Bund und viele CDU-geführte Länder kritisieren den Kauf von CDs mit Daten deutscher Steuerflüchtlinge in der Schweiz. Der Bund kündigte an, er werde sich künftig nicht mehr am Kauf solcher CDs beteiligen, weil er sie für rechtlich fragwürdig halte. Auch in den Finanzministerien in Niedersachsen und Hessen will man sich an den Kosten für den Kauf der Steuer-CDs nicht mehr beteiligen.
Das Bundesfinanzministerium wies jedoch darauf hin, dass Personen, die ihr Schwarzgeld in Drittstaaten wie Singapur verschöben, auch nach 2013, wenn das deutsch-schweizerische Steuerabkommen in Kraft tritt, hohe Nachzahlungen und strafrechtliche Folgen riskierten.
Borjans kritisiert neues Steuerabkommen
Dem SPD-Politiker Walter-Borjans hingegen geht das zwischen Deutschland und der Schweiz beschlossene Steuerabkommen nicht weit genug. "Es kann nicht sein, dass diejenigen, die nachversteuern, nur einen Bruchteil dessen nachversteuern müssen, was der ehrliche Steuerzahler bezahlt hat.", sagte Borjans im Deutschlandfunk. Er warnte außerdem davor, mit dem Kauf von Steuer-CDs aufzuhören, da sich dann Steuerhinterzieher sicher fühlen würden.
Für NRW hat sich der Kauf des Datenmaterials in der Vergangenheit gelohnt: Schätzungsweise neun Millionen Euro hat das Land für den Kauf der CDs bei Informanten ausgegeben, 300 Millionen Euro hinterzogene Steuern sind dadurch wieder in die Kasse von Bund und Ländern gekommen.
Singapur verschärft Regeln
Oft taucht der Name Singapur auf, wenn von Steueroasen die Rede ist. Der kleine asiatische Stadtstaat will nicht länger eine Anlaufstelle für Steuerhinterzieher sein. Er arbeitet seit 2009 daran, seine Finanzregeln zu verschärfen. “Wir haben keinerlei Interesse, ein Geldwäschezentrum zu sein“, beteuerte Premierminister Lee Hsien Loong vor einem Monat. Seit Oktober 2011 arbeitet das Finanzministerium laut eigenen Angaben an einem neuen Gesetz, dass die Wäsche von unversteuertem Einkommen zur Straftat macht.
Den Maßnahmen vorausgegangen war eine Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Diese hatte Singapur auf die so genannte “Graue Liste“ gesetzt. Darin sind Länder aufgeführt, die nicht genügend Informationen über Konteninhaber austauschen. Nach wenigen Monaten hatte es Singapur geschafft, von der Liste wieder herunterzukommen.
nem/qu (dpa, rtr, afp, dapd)