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Gesellschaft

Heino verschenkte Nazi-Lieder

23. März 2018

Heino ist Deutschlands bekanntester Schlagersänger. Blondiert und Sonnenbrille tragend, ist er zur Marke geworden. Nun hat er sich im Ton vergriffen. Ausgerechnet einer Heimatministerin schenkte er Nazi-Lieder.

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Heimatkongress in NRW - Heino übergibt  Ina Scharrenbach Doppel-LP mit dem Titel "Die schönsten Deutschen Heimat - und Vaterlandslieder"
Bild: picture-alliance/dpa/MHKBG/F. Berger

Wer in Deutschland aufgewachsen ist, der kennt Heino. Der Barde für volkstümliche Schlagermusik war in den 70er und 80er Jahren ständiger Gast in allen Wohnzimmern. Kaum eine Fernsehshow am Samstagabend, in der Heino nicht mit mächtigem Barriton und voller Inbrunst seine volkstümlichen Schlagerhits vortrug. Jetzt sorgt er nach langer Zeit wieder für Schlagzeilen – diesmal unfreiwillig. Bei einem kürzlichen Treffen mit der nordrhein-westfälischen Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) in Münster brachte er ein Geschenk mit: Vier CDs und zwei Schallplatten. Eigentlich eine schöne Geste der Höflichkeit Heinos, der auf dem ersten NRW-Heimatkongress zu einem von 47 Heimat-Botschaftern gekürt werden sollte. Das Geschenk hatte es aber in sich, wie sich bald darauf herausstellte.

Deutschland Musik Schlager Sänger Heino
Sonnenbrille und eine blonde Tolle, die kein Windstoß durcheinander bringen kann: Heino 1972Bild: picture-alliance

Denn zwischen den von Heino überreichten Tonträgern steckte auch eine brisante Vinyl-Scheibe. Ihr anscheinend unverdächtiger Titel: "Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder". Doch auf dem Doppelalbum finden sich Stücke aus Deutschlands dunkelster Vergangenheit. Nämlich Lieder, die wegen ihrer deutsch-nationalen und teils martialischen Texte im Liederbuch der SS standen, der militärischen Sondereinsatztruppe von Nazidiktator Adolf Hitler. Aufgedeckt hatte das die "Westdeutsche Zeitung".

Ein von der SS glorifiziertes Treuelied

Einige Zeilen aus seinem 1981 veröffentlichten Album hat die Bild-Zeitung mit "Erschauern" veröffentlicht. Bei dem Titel "Der Gott, der Eisen wachsen ließ", heißt es im altertümlichen deutschen Sprachstil: "Wir wollen heute Mann für Mann mit Blut das Eisen röten, mit Henker und mit Knechteblut, o süßer Tag der Rache! Das klinget allen Deutschen gut, das ist die große Sache." Und in dem von der SS als sogenanntem Treuelied glorifizierten Stück von 1814, "Wenn alle untreu werden" wird vom "heil'gen Deutschen Reich" geschwärmt.

Deutschland Ina Scharrenbach
NRW-Heimatministerin Ina ScharrenbachBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Das sorgt jetzt nicht nur für Empörung gegen den 79-Jährigen, sondern auch für ein politisches Nachspiel. Die SPD-Opposition in Nordrhein-Westfalen nutzt den Skandal, um CDU-Ministerin Scharrenbach unter Druck zu setzen. Die SPD beäugt das nach dem Regierungswechsel im Sommer 2017 gebildete Heimatministerium ohnehin kritisch. Die Sozialdemokraten verwiesen mit Süffisanz darauf, dass auf dem Cover der Schallplatte auch noch der Vermerk enthalten sei, Kinder könnten im Schulunterricht die Platte nutzen, um "mit dem deutschen Liedgut vertraut" gemacht zu werden. Außerdem stellten sie im Landtag die Frage, warum Heino "bei seiner Geschichte überhaupt einer von 47 Heimatbotschaftern werden kann."

Umstrittener Aufritt in Südafrika

Tatsächlich ist Heino seit langem umstritten. Während er für konservative und meist ältere Deutsche eine Schlagerlegende ist, stellt er für liberale, jüngere Deutsche ein rotes Tuch dar. Die Ablehnung speist sich aus einer generellen Distanzierung von der deutschen Nazi-Vergangenheit und damit auch von deutschen Volksliedern und -Schlagern, aber nicht nur. Heino selbst ist in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder wegen seiner unkritischen Haltung zu völkischem Liedgut aufgefallen. Zu Zeiten der Apartheid hatte er in Südafrika seinen Song "Schwarzbraun ist die Haselnuss" vorgetragen.

Heino im Metal-Gewand
Eine Zeitlang versuchte sich Heino als Hard-Rock-Sänger. Optisch und musikalisch sogar einigermassen erfolgreichBild: Starwatch Entertainment

Nun geht es darum, die Scherben des Skandals zusammenzukehren. Heinos Geschenke seien "bei der Übergabe nicht unter dem Aspekt der politischen Korrektheit überprüft worden", teilte Scharrenbachs Ministerium mit. Die Ministerin verwahre sich strikt dagegen, "in irgendeiner Weise mit der nationalsozialistischen Ideologie in Verbindung gebracht zu werden."

"Eine echte Rarität aus dem Keller"

Heino selbst gibt sich überrascht. Der Bild-Zeitung sagte der vermeintliche musikalische Rechtsausleger: "Die Lieder können doch nichts dafür, wenn sie instrumentalisiert worden sind." Seine Ehefrau Hannelore kann die Aufregung um das ursprünglich 1981 erschienene Doppelalbum ebenfalls nicht verstehen - sie habe die Platte extra für das Treffen mit der Heimatministerin aus dem Keller geholt. "Ich habe unten nach einer echten Rarität als Geschenk für die Ministerin gesucht." Wie immer die Geschichte weitergeht, auch die Stimmung ist bei allen Beteiligten erstmal tief unten - im Keller.

Ralf Bosen, Redakteur
Ralf Bosen Autor und Redakteur