Neue Haut aus Stammzellen
1. April 2016Ein Forscherteam von der Tokyo University of Science um Ryoji Takagi hat sogenannte iPS-Zellen von Mäusen genutzt, um daraus Hautgewebe zu züchten. Das berichten die Wissenschaftler am 1. April im Fachjournal "Science Advances". Dieses Gewebe könne, nach einer Transplantation auf eine Maus, sämtliche Funktionen natürlicher Haut übernehmen.
Diese iPS Zellen sind künstlich reprogrammierte Zellen, also Zellen, die eigentlich von ihrer Entwicklung her nur noch eine bestimmte Gewebeform bilden können - sich quasi in einer Sackgasse ihrer Entwicklung befinden.
Durch die Reprogrammierung werden sie jedoch in die Lage versetzt, sich in alle möglichen Körperzellen weiterzuentwickeln - ähnlich embryonaler Stammzellen, die als einzige natürliche Zellen diese Möglichkeit haben.
Signalprotein regt Bildung der richtigen Zellen an
Die Forscher beeinflussten die iPS-Zellen so, dass sich im Labor dreidimensionale kleine Gewebe-Klümpchen entwickelten. Diese sogenannten "Embryoid bodies" entwickeln sich normalerweise unkontrolliert in verschiedene Gewebearten. Die Wissenschaftler beeinflussten die Entwicklung jedoch durch die Zugabe eines Signalproteins. Und sie setzten die Zellen zum Wachstum vorübergehend in die Nähe von Mäusenieren ein.
Daraufhin bildeten sich Hautzellschichten, Haarfollikel und andere Hautstrukturen. In den Follikeln befanden sich, wie beim normalen Haar, Talgdrüsen und Muskelfasern. Anschließend transplantierten die Forscher dieses Gewebe in die Haut anderer Mäuse. Nach vierzehn Tagen wuchsen den transplantierten Nacktmäusen in diesem Bereich Haare. Zudem ging das Gewebe Verbindungen mit den umgebenden Nerven- und Muskelfasern ein. Ein besonderes Risiko der Stammzellforschung - die Tumorbildung - blieb zudem aus. Auch nach drei Monaten war das Hautgewebe nicht von einem Krebs befallen.
Vision: Ersatzorgane aus dem Labor
In einer Mitteilung des Riken Center for Developmental Biology (CDB) in Japan äußerte der an den Forschungen beteiligte Wissenschaftler Takashi Tsuji die Hoffnung, dass mit dieser Methode in der Zukunft "funktionierende Organe für Transplantationen im Labor" erschaffen werden könnten.
Bevor sich die Forscher aber weiteren Organzellen zuwenden, möchten sie erst versuchen, menschliche Haut mit dem Verfahren herzustellen - etwa für Verbrennungsopfer.
Noch viele Fragen offen
Andreas Trumpp, Leiter der Abteilung Stammzellen und Krebs am Deutschen Krebsforschungszentrum und Direktor des Stammzellinstituts HI-STEM in Heidelberg sagte gegenüber Medien, die neue Forschung an Mauszellen könne nur ein erster Schritt zur Herstellung menschlicher Haut sein. "Die Arbeit ist eine Verbesserung eines alten Konzepts. Man bekommt so aber noch keine reine und komplette Haut, sondern eher kleine Bereiche mit besonders vielen Haarfollikeln."
Auch habe die Studie noch nicht bewiesen, dass tatsächlich alles bei dieser neuen Haut richtig funktioniere - wie zum Beispiel die Hautbarriere oder Schweiß- und Talgdrüsen. Der Japaner Shinya Yamanaka hatte für die 2006 gelungene Rückprogrammierung von Körperzellen zu iPS-Zellen im Jahr 2012 den Medizin-Nobelpreis erhalten.
fs/nm (dpa)