Happy Birthday, Phil Collins!
30. Januar 2021Er kann nicht mehr trommeln, weil er nach einer Hals-OP 2009 Taubheitsgefühle in den Händen hat. Das Stehen fällt ihm schwer, sein linker Fuß ist gelähmt, und schon seit 2002 soll er auf einem Ohr fast taub sein.
Kein Zweifel - Phil Collins ist gesundheitlich schwer angeschlagen. Ja, es gibt diese Probleme, aber "ansonsten geht es mir gut" verkündete der Brite 2018 im englischen Fernsehen. Und obwohl er schon so viele Rücktritte von der Bühne angekündigt hatte: Die Liebe zur Musik war stärker. Seine letzte Welttournee 2019 absolvierte er größtenteils im Sitzen; sie hatte den makabren Titel "Still Not Dead Yet" ("Immer noch nicht tot"). Und auch jetzt wäre Phil Collins gerade mit der Band Genesis auf Tour, wäre nicht die Corona-Pandemie dazwischengekommen. Stattdessen sorgt sein Privatleben in der englischen Regenbogenpresse für Schlagzeilen, liefert er sich doch gerade einen heftigen Rosenkrieg mit Frau Orianne Bates.
Die Fans weltweit dürfte eher interessieren, wann die geplante Genesis-Tournee endlich stattfinden kann. Die überraschende Ankündigung, dass Mike Rutherford und Tony Banks nach 13 Jahren gemeinsamer Bühnenabstinenz im November 2020 wieder gemeinsam auftreten wollten, war eingeschlagen wie eine Bombe. Mit der Rockband war Collins Anfang der 70-er Jahre der Durchbruch als Musiker gelungen - zunächst als Schlagzeuger, nach Peter Gabriels Ausstieg 1975 auch als Lead-Sänger.
Erste Karriereschritte und der Start mit Genesis
Aber es gab auch ein Leben vor Genesis für Philip David Charles Collins, geboren am 30. Januar 1951. Schon sehr früh agierte er als Kinderdarsteller und sogar als Model für Strickmoden. Auch musikalisch war er bereits aktiv, in einer wenig bekannten Formation namens "Flaming Youth". Er besuchte eine Schauspielschule und hatte eine Komparsenrolle in dem Beatles-Film "A Hard Day's Night". Der entscheidende Startschuss für eine beispiellose Karriere kam allerdings 1970 mit einer Annonce im Melody Maker. Die Progressive Rockband Genesis suchte einen Schlagzeuger.
Collins fand sich also bei der Band ein und wurde prompt engagiert. Der für den US-Markt etwas sperrige Progrock Anfang der 1970-er Jahre machte es der Band schwer, aber mit Collins kraftvollem Schlagzeugstil und strafferen Kompositionen machte sich Genesis nach und nach einen Namen auch in Amerika.
Die Spannungen in der Band bei der Produktion zum Album "The Lamb Lies Down on Broadway" führten dazu, dass Sänger Peter Gabriel nach der dazugehörigen Tour 1975 bei Genesis ausstieg. 400 Kandidaten sollen dann in der Folge vorgesungen haben, aber letztlich entschied man sich dazu, Phil Collins als Sänger zum Frontmann zu küren. Kritiker sahen bereits das Ende der Band gekommen, aber das Gegenteil trat ein. Das erste Album mit Phil Collins als Sänger, "A Trick of the Tail", wurde in den USA zum Top-40-Erfolg. Live holte sich das geschrumpfte Band-Trio den amerikanischen Schlagzeuger Chester Thompson an die Drums, und es entwickelten sich spannende Trommelduette zwischen ihm und Collins, der immer wieder auch den Part eines zweiten Drummers übernahm.
Nicht zuletzt unter dem Einfluss von Phil Collins veränderte sich der Musikstil von Genesis in der zweiten Hälfte der 1970-er Jahre. Die Songs wurden kürzer, die Struktur transparenter und insgesamt kommerzieller, jedoch ohne gleichzeitig flach zu wirken.
Die Solo-Karriere
Als ob man mit dem Erfolg zusammen mit Genesis nicht schon beschäftigt genug gewesen sein konnte, betrieb Collins nebenher auch noch eine Jazz-Fusion-Formation mit dem Namen "Brand X". 1981 folgte dann das erste Solo-Album, "Face Value". Seinen ersten großen Hit konnte er mit "In The Air Tonight" landen. Der Titel kletterte 1982 bis an die Spitze der deutschen Charts. Seinen ersten Grammy als Solo-Künstler erhielt er für die beste männliche Gesangsdarbietung in "Against All Odds (Take a Look at Me Now)", den zweiten direkt ein Jahr später für das Album des Jahres "No Jacket Required".
Die 1980-er Jahre waren Phil-Collins-Jahre. Alles schien zu gelingen und der Erfolg setzte sich auch in den 1990-ern weiter fort. Kritiker waren ganz offen müde, seinem Stil zu folgen - ganz im Gegensatz zu seinen Fans. Auch die Trennung von Genesis 1996 brachte ihn nicht ab vom Erfolgskurs, der 1999 mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame belohnt wurde. Er fand auch wieder zurück zur Schauspielerei, übernahm eine kleine Rolle in Miami Vice, spielte in den Kino-Filmen "Buster" und "Hook". Ihn als Workaholic zu bezeichnen, war für diese Jahre sicher keine Übertreibung.
Seine große Stunde schlug in Hollywood mit der Verleihung des Oscars für den besten Song "You'll Be in My Heart" aus dem Disney-Film "Tarzan" im Jahr 2000. Für den Soundtrack dazu gab es noch einmal einen Grammy obendrauf.
Künstlerische Erfolge und private Probleme
Mit weltweit knapp 155 Millionen verkauften Soloalben - und einer ähnlichen Anzahl mit der Band Genesis - gehört Collins zu den erfolgreichsten Musikern aller Zeiten. Immer wieder pausierte er in den letzten Jahren, doch er hielt es nie lange im Künstlerruhestand aus. 2016 erschien seine Autobiografie "Da kommt noch was" (Original: "Not dead yet"). Nach seiner dritten Scheidung habe er sich dem Alkohol hingegeben: "Ich betrinke mich nie während der Arbeit", offenbarte er. "Das bedeutet jedoch nur, dass ich umso heftiger trinken muss, wenn ich nicht bei der Arbeit bin." Die Trinkerei habe ihm eine akute Pankreatitis, eine gefährliche Entzündung der Bauchspeicheldrüse, eingebracht. Erst nach mehreren Versuchen gelang ihm der Entzug. In seinen Memoiren machte sich Collins auch heftige Vorwürfe, nicht genug Zeit für seine Familie und seine fünf Kinder gehabt zu haben.
Das Buch erschien passend zur gleichnamigen Comeback-Tour. Allerdings sang er da die alten Songs. "Ich sollte wohl mal wieder einen Finger bewegen und etwas Neues machen", bekannte er 2017 gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Ich war zu faul."
Schlagzeug spielen allerdings würde Collins gern mal wieder, doch seine körperliche Verfassung lässt das nicht zu. Stattdessen sitzt seit einigen Jahren sein Sohn Nicholas an den Drums. "Ich wäre bescheuert, wenn ich sagen würde, es fehlt mir nicht", so Phil Collins. Aber: "Wenn ich es nicht so gut kann wie früher, dann lasse ich es lieber ganz. Ich möchte kein Schatten meiner selbst sein."
Singen kann Collins aber noch. Deswegen kann er es wohl kaum erwarten, dass die Corona-Pandemie endlich vorübergeht und die "Last-Domino?"-Tour mit Genesis starten kann.