Hans Zimmer und der Sound von Hollywood
12. September 2022Dass er einmal einer der erfolgreichsten Komponisten Hollywoods werden würde, hätte sich sein Klavierlehrer wohl niemals träumen lassen: Nur zwei Wochen lang nahm Hans Zimmer Unterricht, dann warf sein Lehrer das Handtuch. "Entweder er geht, oder ich gehe", soll er zu Zimmers Mutter gesagt haben.
Davon ließ sich der sechsjährige Hans Zimmer nicht beeindrucken - und kann an seinem 65. Geburtstag auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken, die ihn zu einem der erfolgreichsten Filmkomponisten der Welt gemacht hat.
Zimmers Musik vermittelt die ganz großen Gefühle
Geboren am 12.September 1957 in Frankfurt am Main, machte sich Hans Zimmer daran, das Komponistenhandwerk selbst zu erlernen, ohne Musikhochschule oder Lehrer. Zunächst komponierte er für Werbespots, dann tat er sich mit dem Filmkomponisten Stanley Myers (1933 - 1993) zusammen. Der Sprung nach Hollywood gelang, als der Regisseur Barry Levinson Hans Zimmer für seinen Film "Rain Man" (1988) mit Dustin Hoffman und Tom Cruise verpflichtete.
Seitdem hat Zimmer die Musik für mehr als 150 Filme komponiert. Den ersten Oscar gewann er für den Disney-Trickfilm "Der König der Löwen" (1995), den zweiten ganze 27 Jahre später für die Neuverfilmung des Science-Fiction-Klassikers "Dune" (2021) unter der Regie von Denis Villeneuve.
Zu seinen Oscars gesellen sich zwei Golden Globes, drei Grammys, ein Tony und ein American Music Award. Zimmers Diskografie liest sich wie ein "Best of" des Hollywoodfilms: Von "Gladiator" (2000) über "Fluch der Karibik" (2003), "Batman: The Dark Knight" (2008) und "Dunkirk" (2017) bis hin zu "James Bond: Keine Zeit zu Sterben" (2021).
Mit seiner Musik hat er den Sound Hollywoods in all seiner Bandbreite geprägt, vom Kinderfilm über den Actionstreifen bis hin zum nachdenklichen Kriegsdrama. Im Kinosaal entwickeln seine Kompositionen ein Eigenleben. "Am Ende geht es darum, mit der Musik Dinge auszudrücken, die eben nicht elegant in Bildern oder Wörtern auf der Leinwand ausgedrückt werden", erklärte er einmal.
Seine Kompositionen verschwinden nicht im Hintergrund, sondern treffen das Publikum ins Herz, vermitteln ihm die ganz großen Gefühle: von der Beklemmung eines Soldaten, eingekesselt am Strand von Dünkirchen, über den Stolz eines Königs, der endlich seinen Platz auf dem Thron einnimmt, bis hin zur Freiheitslust eines Piraten wie Captain Jack Sparrow, der endlich am Ruder seines eigenen Schiffes steht.
Hans Zimmer hat ein Erfolgsgeheimnis
Auch fürs Fernsehen hat Zimmer komponiert, zuletzt für die BBC-Doku-Serien "Prehistoric Planet" (2022) und "Frozen Planet II" (2022) mit dem legendären britischen Dokumentarfilmer Sir David Attenborough. Während "Prehistoric Planet" die seit 66 Millionen Jahren ausgestorbenen Dinosaurier wiederauferstehen lässt, widmet sich "Frozen Planet II" der heutigen Arktis und Antarktis im Angesicht des menschengemachten Klimawandels.
Das Geheimnis seines Erfolgs liegt in etwas ganz anderem begründet als Musikunterricht, Notenlesen oder technischer Perfektion: im Hinhören. "Das Wichtigste für einen Musiker ist, hören zu lernen. Nicht, spielen zu lernen", sagte der Komponist der DW vor einigen Jahren im Interview. Er habe von anderen Komponisten und ihrer Musik gelernt. "Die Inspiration kommt von den anderen. Das ist wie eine Konversation, die auf einer ganz anderen Ebene stattfindet."
Der Ruhestand ist nicht in Sicht
An Ruhestand ist auch mit 65 Jahren nicht zu denken: Nächstes Jahr geht Hans Zimmer wieder auf Tournee, er wird 32 Konzerte in 15 Ländern geben, darunter auch in Deutschland. Gleichzeitig steht schon der zweite Teil von "Dune" in den Startlöchern, der 2023 in die Kinos kommen soll.
Besonders am Herzen liegt Zimmer auch die Zukunft des Planeten. Seine Arbeit an der Natur-Dokumentation "Frozen Planet II" bezeichnete der Komponist zuletzt als "das wichtigste, was wir jemals gemacht haben."
Außerdem wies er bei seiner letzten Tournee, die kurz nach Kriegsausbruch in der Ukraine stattfand, auf die friedensstiftende Kraft der Kunst hin. Kunst, Künstlerinnen und Künstler seien dazu da, "um Frieden in diese Welt zu bringen." Der Sohn jüdischer Eltern, die 1939 aus Deutschland fliehen mussten, fügte hinzu, er sei kein Politiker, aber er wolle Menschen zusammenbringen. "Ich möchte, dass dieses Gemetzel aufhört. Dass diese Gier aufhört. Der größere Zweck von Kunst sei es, Menschen zusammenzubringen. Und Mauern einzureißen - nicht Mauern zu errichten.