Die märchenhafte Welt des Hans Christian Andersen
2. April 2023"Das Mädchen mit den Schwefelhölzern", "Die Prinzessin auf der Erbse", "Der standhafte Zinnsoldat" oder "Die kleine Meerjungfrau": Das sind nur einige der bekanntesten Märchen von Hans Christian Andersen. Insgesamt schrieb er gut 160, die von 1835 bis 1848 in acht Bänden erschienen und bis heute in über 120 Sprachen übersetzt wurden. Viele seiner Märchen wurden für Theater, Film oder die Musical-Bühne verfilmt oder inspirierten weltberühmte Trickfilme wie Walt Disneys "Arielle, die Meerjungfrau".
Andersens Märchen sind schon lange Weltliteratur. Seine Quellen waren Volksmärchen - von der Antike bis zum Mittelalter, aus Skandinavien, Deutschland oder Griechenland. Sagen, wahre Begebenheiten und Naturphänomene dienten Andersen ebenfalls als Inspiration. Meisterhaft verwob er die verschiedensten Stoffe und Einflüsse zu jenen Kunstmärchen, die wir heute kennen. Doch der 1805 in ärmsten Verhältnissen geborene Däne war nicht nur Märchenautor. Die Wenigsten wissen, dass Andersen auch Gedichte, Dramen, Romane und Reiseberichte schrieb und ein recht begabter Scherenschnitt-Künstler war.
Andersen wurde zuerst in Deutschland bekannt
Andersen reiste gern und viel - vor allem nach Deutschland, wo seine Freunde und Mäzene Friederike und Friedrich Anton Serre lebten und wo er bekannt wurde, bevor er in seiner eigenen Heimat - ebenfalls noch zu Lebzeiten - Ruhm erlangen sollte. Andersen starb 70-jährig in Kopenhagen als international bekannter Autor. Sein Geburtshaus mit angebautem Museum war bis vor kurzem die Pilgerstätte für Andersen-Fans. Im Sommer des Jahres 2021 wurde ihm zu Ehren in seiner Heimatstadt Odense ein völlig neuartiges Museum eröffnet: das Hans Christian Andersen Museum oder auf Dänisch "H.C. Andersens Hus".
Die Geschichte seines Lebens wird hier auf ganze neue Art und Weise präsentiert und Andersens Welt sinnlich erlebbar gemacht werden. Landschaft, Architektur und modernes Ausstellungsdesign sind miteinander verwoben. Entworfen wurde das "H.C. Andersens Hus" vom japanischen Stararchitekten Kengo Kuma und seinem Team, das auch für das neue Olympiastadion in Tokio verantwortlich zeichnet. Auf über 5000 Quadratmetern lädt das sehr lichte, regelrecht in seine Umgebung eingebettete Museum dazu ein, in Andersens Welt einzutauchen. Zwei Drittel des Museums liegen unterirdisch, darüber befindet sich ein märchenhafter Garten.
Die Intention des japanischen Architekten Kengo Kuma und seines Teams sei es gewesen, "nicht über Andersen, sondern wie Andersen zu kommunizieren", heißt es in der Pressemitteilung des Museums. Die Natur außerhalb und die Welt im Inneren des Museums kommunizieren miteinander. So blickt man im unterirdischen Museumsgebäude durch einen darüber angelegten See in den Himmel - wie die kleine Meerjungfrau aus dem gleichnamigen Märchen.
Der "Magische Garten", entworfen von Landschaftsarchitekten, ist eingebettet in das Stadtbild von Odense und soll ein öffentlicher Raum werden. Farben, verschiedenste Pflanzen und Gerüche sollen einen "Konflikt zwischen Harmonie und Chaos injizieren". Lichtdurchflutete Stellen wechseln sich mit bizarren Bäumen oder kantig geschnittenen Hecken ab. Das Liebliche steht Seite an Seite mit dem Unheimlichen - ganz wie in Andersens Märchen.
Für den Innenraum des Museums haben zwölf internationale Künstlerinnen und Künstler exklusive Arbeiten geschaffen. Die dänische Autorin Kim Fupz Aakeson und ihr US-amerikanischer Kollege Daniel Handler alias Lemony Snicket sorgen für verschiedenartige Hörerlebnisse im Museum, die Komponistin Louise Alenius hat die Märchen "Die Nachtigall", "Die Schneekönigin", "Das hässliche Entlein" und "Die kleine Meerjungfrau" musikalisch interpretiert.
Veronica Hodges hat, inspiriert von der Schwalbe im Märchen "Däumelinchen", eine gewaltige Papierinstallation geschaffen. Ein weiterer Installationskünstler, der Brasilianer Henrique Oliveira, positionierte eine massive Bauminstallation in Odense, inspiriert durch das Märchen "Das Feuerzeug". Der Künstler und Kurzfilmregisseur Timothy David Orme wiederum lädt ein in eine animierte Filmreise in Andersens Fantasiewelt.
Hans Christian Andersen hat sich nie als "Märchenonkel" verstanden. Ihm war wichtig, dass die sozialkritischen oder satirischen Elemente seiner Märchen, die er bewusst für die erwachsenen Leser einfließen ließ, ebenso zur Geltung kommen wie das Fantastische und Märchenhafte. So verwundert es nicht, dass das Museum über ein eigenes Kinderland verfügt. Dabei handelt es sich um ein Atelier mit dem Namen "Ville Vau", in dem Kinder an Workshops teilnehmen und sich kreativ austoben können. Hans Christian Andersens Märchenmotive sollen - dort dann auch wirklich für die Kinder - spielerisch erfahrbar gemacht werden.
Der Artikel stammt aus dem Jahr 2021 und wurde anlässlich des Internationalen Kinderbuchtags am 2. April 2023 aktualisiert.