Es waren Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, die in den meisten der vergangenen neun Jahren um die Weltmeisterschaft kämpften. Mit seinem jetzt vorzeitig sichergestellten fünften WM-Titel überflügelt Hamilton den viermaligen Weltmeister Vettel. Und die fehlerträchtige Saison des Deutschen verheißt für Ferrari nichts Gutes für 2019.
Hamilton dagegen lieferte in diesem Jahr eine Reihe herausragender Vorstellungen seiner Fahrkunst: etwa als er Kimi Räikkönen beim Ferrari-Heimspiel in Monza im Duell eins gegen eins besiegte, als er von Startplatz vierzehn aus Vettels Heim-Grand-Prix in Hockenheim gewann, als er in Singapur eine Qualifikationsrunde für die Ewigkeit fuhr und sich später auch dort den Sieg holte oder auch, als er auf der anspruchsvollen Strecke in Suzuka eine Meisterleistung ablieferte. Im gleichen Maße, wie sich Hamiltons Form steigerte, ließ Vettels nach. Ein in der Mitte der Saison noch knappes Titelrennen verwandelte sich in eine Art Spaziergang für den Briten.
In vielerlei Hinsicht lässt sich Hamiltons Karriere sehr gut durch seine Verbindung zu einem anderen, mit weniger Titeln dekorierten Rivalen definieren: Fernando Alonso. Der Blick zurück: Im Jahr 2007 trauten nur wenige dem britischen Nachwuchspiloten zu, gegen den damals 26 Jahre alten Alonso im McLaren-Team bestehen zu können. Der Spanier war 2005 und 2006 jeweils Weltmeister geworden - damals war er der jüngste Titelgewinner in der Geschichte der Formel 1, bis Vettel auf der Bühne der Königklasse erschien. Alonso war der Mann, der gerade für ein Beben im Automobilsport gesorgt hatte, als er ein Jahrzehnt der Dominanz des deutschen Superstars Michael Schumacher beendet hatte.
"Talent vom ersten Tag an"
Doch Hamilton zeigte, wie Alonso heute im Rückblick sagt, "vom ersten Tag an Talent". Der Brite beendete gleich seinen ersten Grand Prix auf dem Podium und schaffte innerhalb seiner ersten sechs Rennen seine erste Pole Position und den ersten Sieg. Noch erstaunlicher war, dass es ganze zehn Rennen dauerte, ehe Hamilton einmal nicht unter den besten Drei landete.
Hamilton wurde 2007 zu einer solchen Konkurrenz für Alonso, dass schnell klar war: Als Team würden die beiden bei McLaren nebeneinander nicht fortbestehen können. Teamchef Ron Dennis wollte Hamiltons märchenhafte Rookie-Saison nicht abwürgen. Alonso dagegen hatte das Gefühl, nicht als klare Nummer eins behandelt zu werden, wie es ihm vor seinem Wechsel von Renault zu McLaren versprochen worden war. Die unselige Allianz konnte nicht halten. Alonso zog den Kürzeren und verließ McLaren nach nur einem Jahr wieder in Richtung Renault.
Zwölf Jahre später trennen sich die Wege Hamiltons und Alonsos erneut, wenn auch auf andere Weise: Alonso scheidet nach dieser Saison aus der Formel 1 aus.
Alonso sieht Hamilton unter besten Fünf
Als der stolze Spanier kürzlich in Anwesenheit von Hamilton gebeten wurde, die besten fünf Fahrer der Formel-1-Geschichte zu benennen, schloss er den Piloten mit ein, der ihm einst den Platz unter den Erfolgreichsten streitig gemacht hatte: Neben Michael Schumacher, Juan-Manuel Fangio, Ayrton Senna, Alain Prost nannte Alonso auch seinen alten Teamkollegen aus der Saison 2007.
Dieser Auswahl Alonsos lässt sich nur schwer widersprechen, trotz anderer starker Kandidaten. Jim Clark hätte vielleicht das Potenzial gehabt, in diesen Kreis aufgenommen zu werden, doch der Brite starb früh: 1968 in Hockenheim. Einige mögen auch für Fangios großen Rivalen der 1950er Jahre, Stirling Moss, ebenfalls aus Großbritannien, plädieren, der fünfmal Vizeweltmeister wurde. Der Österreicher Niki Lauda gewann drei Titel, trotz seines beinahe tödlichen Unfalls 1976 und einer vierjährigen Formel-1-Pause. Und einige könnten sich fragen, was wohl für Alonso selbst drin gewesen wäre, wenn Hamilton nicht das zweite Cockpit bei McLaren erhalten hätte.
"Wohl der Beste, gegen den ich je gefahren bin"
Als der Mann aus Oviedo Anfang dieser Saison seinen Rücktritt aus der Formel 1 ankündigte, sagte Hamilton, Alonso sei wahrscheinlich der beste Fahrer gewesen, gegen den er je angetreten sei, und dass der Spanier mehr Erfolg verdient hätte. Hamilton wäre jedoch nicht Hamilton, würde er ganz ohne kritische Nebentöne an einen Konkurrenten Komplimente verteilen. "Es geht nicht nur darum, ein großartiger Fahrer zu sein, sondern auch darum, wie man manövriert, wie man das Spiel spielt", sagte Hamilton. "Wie bei einem Schachspiel geht es darum, wie man sich positioniert. Alle diese verschiedenen Dinge sind Teile des Pakets."
In zwölf Saisons hat Hamilton bewiesen, dass er diese Mischung aus purem Tempo und politischer List beherrscht. Der Wechsel von McLaren, wo er 2008 seinen ersten WM-Titel geholt hatte, zu Mercedes zur Saison 2013 erschien damals als kühner Schritt, der sogar seine Karriere gefährden könnte. Sechs Jahre und vier Weltmeistertitel später wirkt es wie ein Geniestreich. Doch der Schaden, den Hamilton an Fernando Alonsos Formel-1-Vermächtnis angerichtet hat, ist vielleicht der beste Indikator für die Bedeutung des Briten für die Königsklasse des Automobilsports.