Hamas spricht von neuer Intifada
9. Oktober 2015Nach Angaben des israelischen Militärs traf die Rakete unbewohntes Gebiet, Verletzte gab es demnach nicht. Die Rakete wurde offenbar als Reaktion auf die Toten an den Gaza-Grenzübergängen abgeschossen. Dort hatten israelischen Soldaten zuvor insgesamt sechs Palästinenser getötet.
Nach Angaben von palästinensischen Rettungsdiensten waren vier 20-jährige Palästinenser östlich von Gaza-Stadt durch die Sperranlagen hindurch erschossen worden. Zuvor waren nach Angaben einer israelischen Militärsprecherin etwa 200 junge Palästinenser zu dem schwer befestigten Grenzzaun geströmt und hatten die Grenzposten mit Steinen und brennenden Reifen angegriffen.
Die Soldaten hätten auf die "Rädelsführer" geschossen, um den Ansturm zu stoppen und die Menge zu zerstreuen, teilte die Sprecherin mit. Im Süden des Gazastreifens, östlich von Chan Junis, kam es zu ähnlichen Vorfällen, bei denen ein 15-jähriger und 20-jähriger Palästinenser getötet wurden. Insgesamt wurden mindestens 35 Menschen bei den Auseinandersetzungen verletzt.
"Intifada zur Befreiung von den Besatzern"
Kurz vor den Zusammenstößen im Gazastreifen hatte Hamas-Führer Ismail Hanija, Öl ins Feuer gegossen und die neue Welle von Gewalt in Israel und den besetzten Gebieten als neue "Intifada", also als einen neuen Volksaufstand, bezeichnet.
Während des Freitagsgebets sagte Hanija: "Wir rufen dazu auf, die Intifada zu verstärken und zuzuspitzen. Denn dies ist der einzige Weg, der zur Befreiung von den Besatzern führt." Gaza werde "seine Rolle in dieser Jerusalem-Intifada erfüllen" und sei "für die Konfrontation mehr als gerüstet", so Hanija.
Gewalt auch jenseits von Gaza
Derzeit sprechen allerdings weder die Verantwortlichen in Israel noch die der gemäßigten palästinensischen Autonomieverwaltung im Westjordanland von einer "dritten Intifada". Der Begriff steht für Aufstände der Palästinenser, wie es sie von 1987 bis 1993 und von 2000 bis 2005 gab. Dabei waren auf palästinensischer Seite über 5000 und auf israelischer Seite mehr als 1200 Menschen getötet worden.
Doch auch im Westjordanland gab es wieder Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten, vor allem in der Nähe von Ramallah, wo ein 19-Jähriger beigesetzt wurde, der am vergangenen Samstag in der Jerusalemer Altstadt auf Juden eingestochen hatte und von der Polizei erschossen worden war. Weitere Zusammenstöße wurden aus in Hebron, Nablus, Dschenin, Kalkilija und dem Flüchtlingslager Schuafat in Ost-Jerusalem gemeldet.
Jüdischer Jugendlicher startet Messerangriff
Erstmals gab es auch eine Messerattacke eines Israelis auf Palästinenser. Im Süden des Landes stach ein Jugendlicher auf vier Arbeiter ein und verletzte sie teils schwer. Als Motiv habe der 17-jährige Jude erklärt, für ihn seien "alle Araber Terroristen", teilte die Polizei nach seiner Festnahme mit. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verurteilte diesen Angriff auf "unschuldige Araber scharf".
Wenige Stunden nach dem Vorfall stach laut Polizeiangaben ein Palästinenser in Ost-Jerusalem auf einen 14-jährigen Israeli ein. Im Norden Israels habe außerdem eine mutmaßlich palästinensische Frau versucht, einen Wachmann an einem Busbahnhof zu erstechen. Einen weiteren Messerangriff gab es den Angaben zufolge in der Nähe einer jüdischen Siedlung im Westjordanland, dort habe ein Palästinenser auf einen Polizisten eingestochen.
Steit um den Tempelberg
Der Konflikt in Israel und den Palästinensergebieten war Mitte September wegen des Streits um die Nutzungsrechte auf dem Jerusalemer Tempelberg erneut aufgeflammt. Seit Donnerstag vergangener Woche gab es zahlreiche Anschläge und gewalttätige Proteste, bei denen vier Israelis und elf Palästinenser, darunter fünf mutmaßliche Angreifer, getötet wurden.
cw/se (dpa, rtr, afp)