Haftstrafen für Ex-Siemens-Manager
2. Dezember 2019Unter den in einer rund 20 Jahre zurückliegenden Schmiergeldaffäre in Griechenland verurteilten früheren Siemens-Managern ist auch der langjährige Vorstands- und Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer. Nach dreijähriger Verhandlung hat ein Gericht in Athen insgesamt 22 ehemalige Mitarbeiter der Siemens AG und des früheren staatlichen griechischen Telekommunikationsunternehmens OTE wegen Bestechung und Geldwäsche zu Haftstrafen zwischen sechs und 15 Jahren verurteilt. Unter den Verurteilten sind der frühere Griechenland-Chef von Siemens, Michalis Christoforakos, der 2009 nach Deutschland floh, und sein Stellvertreter Christos Karavellas, der ebenfalls das Land verlassen hat, sowie weitere Ex-Verantwortliche des Unternehmens.
Der Prozess dürfte nun in höheren Instanzen fortgesetzt werden. Von Pierer kündigte an, gegen das Urteil Berufung einzulegen. In einer Stellungnahme von Pierers heißt es: "Wir werden außerdem beantragen, dass das Urteil in Deutschland nicht vollzogen wird, weil es gegen elementare rechtsstaatliche Prinzipien verstößt."
Das Verfahren in Athen habe sich zu einem großen Teil auf Unterlagen aus einem Ermittlungsverfahren in Deutschland gestützt. Die "sehr intensiven" Ermittlungen der deutschen Staatsanwaltschaft hätten keinen strafrechtlichen Vorwurf gegen ihn ergeben, so von Pierer. Die Staatsanwaltschaft in Griechenland habe zwischenzeitlich einen Freispruch beantragt. Die jetzige Verurteilung sei dann "völlig überraschend" erfolgt, heißt es in der Stellungnahme von Pierers.
Kein Verfahren gegen den Konzern
Die ersten Ermittlungen begannen vor über zehn Jahren, mittlerweile sind zehn der ursprünglich 64 Verdächtigen gestorben. Angeklagt wegen Korruption und Geldwäsche waren 54 Personen - unter ihnen zwölf damalige Angestellte und Manager von Siemens. Gegen die meisten musste die Anklage wegen Verjährung fallengelassen werden.
Der Industriekonzern Siemens soll 1997 etwa 70 Millionen Euro Schmiergelder an die griechische Telekommunikationsgesellschaft OTE gezahlt haben, damit der deutsche Hersteller die Digitalisierung des griechischen Telefonnetzes übernehmen konnte. Ein Parlamentsausschuss hatte 2011 festgestellt, dass überhöhte Preise in den Verträgen den griechischen Staat mindestens zwei Milliarden Euro kosteten.
Die Anklage betraf nicht die Siemens AG als Unternehmen sondern nur Personen, die in diese Affäre verwickelt gewesen sein sollen. In einem außergerichtlichen Vergleich hatten sich Athen und die Siemens AG im Jahr 2012 nach damaligen Angaben des griechischen Finanzministeriums unter anderem darauf geeinigt, auf die Begleichung griechischer Schulden zu verzichten, wenn im Gegenzug Arbeitsplätze in Griechenland gefördert würden.
lh/jj (dpa, afp)