Günter Grass - der Künstler
Seine Bücher kennt alle Welt. Dass Günter Grass auch ein hervorragender Maler, Bildhauer und Zeichner war, ist wenigen bekannt. Er war ein Universalgenie, das zwischen und in den Dimensionen der Kunst umherwandelte.
Zeichnungen und Buchcover
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Günter Grass eine Ausbildung zum Steinmetz. Anschließend nahm er das Studium der Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf auf. Zeitlebens blieb er der Kunst treu und gestaltete die Umschläge seiner Bücher selbst. Unter seinen Zeichnungen und Skulpturen finden sich u.a. Zeichnungen für seinen bekanntesten Roman "Die Blechtrommel" aus dem Jahr 1959.
"Ich zeichne immer,...
auch wenn ich nicht zeichne, weil ich gerade schreibe oder nichts tue. Und auch beim Zeichnen schreiben sich die Sätze fort, die angefangen auf anderem Papier stehen. Das Schreiben hebt raffend oder verschleppend die Zeit auf. Beim Zeichnen findet sich der knappere Ausdruck", philosophierte Grass 1979 in seinem Werk "Über das Zeichnen und Schreiben".
"Butt im Griff"
Nach seinem gleichnamigen Werk "Der Butt" von 1977 fertigte Grass die Bronzeplastik "Butt im Griff" als Teil einer Serie an. Anlass war die erstmalige Verleihung des Deutschen Bücherpreises zur Leipziger Buchmesse 2002. Eine Skulptur aus der Serie steht auch im Garten vor dem Wohnhaus des Schriftstellers und Künstlers in Behlendorf (Schleswig-Holstein) sowie vor dem "Günter-Grass-Haus" in Lübeck.
Schreiber oder Zeichner?
Über den Zusammenhang zwischen seinen bildkünstlerischen und schriftstellerischen Tätigkeiten sagte Grass einmal: "Publikumsanfragen wie 'Sind Sie nun zuallererst Schriftsteller oder Grafiker?' sind so verständlich wie lächerlich. Meine Antwort kann deshalb nur spielerisch, das heißt, abseits vom ernsthaften 'Entweder-oder' ihre Widersprüche entwickeln".
"Beim Häuten der Zwiebel"
2006 löste Günter Grass' Biographie "Beim Häuten der Zwiebel" eine enorme Debatte aus. Darin bekannte er sich dazu, ab 1944 zur Waffen-SS gehört zu haben. Kritiker stellten daraufhin seine moralische Integrität und Glaubwürdigkeit in Frage. Das Selbstbildnis zeigt Günter Grass als Soldat, hineingezeichnet in sein erstes Manuskript von "Beim Häuten der Zwiebel".
"Die Rättin"
In "Die Rättin" von 1986 setzte Grass seinen Roman "Die Blechtrommel" fort. Die Bronzeplastik "Mädchen mit Rättin" bezieht sich auf sein Werk. Darin hält der Erzähler Zwiesprache mit einer weiblichen Ratte. Die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen.
Das Eigene und das Fremde
Grass hielt in "Zunge zeigen" seine Eindrücke einer Indienreise fest. Auf dem Buchcover von 1988 hat er die hinduistische Göttin Kali dargestellt. Sie ist die Göttin des Todes und der Zerstörung, aber auch der Erneuerung. Auf der Zeichnung streckt sie ihre Zunge in einer schamhaft hockenden Position heraus und wirft ihre zahlreichen Hände in die Luft.
Der letzte "Tango"
Aus einer Schreibpause heraus ergab sich nach der Novelle "Im Krebsgang" für Grass ein Schaffensrausch künstlerischer Natur. In dem 2003 erschienen Gedichte- und Bildband "Letzte Tänze" wiegen sich kühn überdehnte Körper im Einklang mit der Musik. Der Titel verweist dabei auf Grass selbst, der ein geübter und leidenschaftlicher Tänzer war.
Erotische Kunst
Sexualität war für Grass ein großes Thema. Im Jahr 2002 behandelte er sie in einer Serie von Lithografien mit Titeln wie "Liebe im August", "Heftige Stöße" oder "Nach Steilem Aufstieg". Es werden kopulierende Liebespaare in zum Teil abenteuerlichen und aufreizenden Positionen dargestellt. Zu diesem Thema gibt es ebenfalls Plastiken wie jene mit dem Titel "Sie dominiert".
Eine Liebeserklärung an die Märchen
In seinem zuletzt veröffentlichten Buch "Grimms Wörter - Eine Liebeserklärung", erzählte Grass nicht nur von der Entstehung des deutschen Wörterbuchs und den Gebrüdern Grimm, sondern auch aus seinem Leben. Denn ein Autor schreibt gleichzeitig immer über und von sich selbst. Als Hommage an den berühmten Märchenerzähler Hans Christian Andersen zeichnete Grass ihn zu dessen 200. Geburtstag.