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Grüne wollen strengere Kontrolle

11. August 2013

Kaum ein Tag vergeht ohne neue Enthüllungen oder Stellungnahmen zur Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA. Jetzt macht sich Grünen-Chef Özdemir für mehr Kontrolle der Geheimdienste durch den Bundestag stark.

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Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, posiert für die Kamera (Foto: dpa)
Cem ÖzdemirBild: picture-alliance/dpa

Der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, macht sich Sorgen über Umfang und Qualität der Informationen, die das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages über die Aktivitäten der deutschen Geheimdienste erhält. Die Mitglieder in dem Gremium erführen gerade einmal das, was morgens in der Zeitung stehe, sagte Özdemir (siehe Artikelfoto oben) der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Die Bundesregierung sei aufgefordert, die Vorwürfe lückenlos aufzuklären. "Ansonsten verlieren wir auch das Vertrauen in die Politik, weil der Eindruck entsteht, dass die Politik zunehmend den Geheimdiensten hinterherläuft, die ein Eigenleben führen." Özdemirs Fazit: Der Bundestag muss über das Kontrollgremium eine stärkere Kontrolle der Geheimdienste erreichen.

Seit Wochen wird darüber debattiert, dass der US-Geheimdienst NSA wohl im großen Stil die Kommunikation von Bürgern in Deutschland auskundschaftet. Details und Umfang sind aber weiter unklar. Özdemir äußerte die Vermutung, dass es bei dem amerikanischen Ausspäh-Programm Prism nicht nur um Terrorismusabwehr geht. "Wenn man die Zugriffszahlen betrachtet, übersteigt das doch jedes normale Maß an Abwehr. Gerade im Süden der Republik steht doch zu Recht im Raum, dass es hier auch um Wirtschaftsspionage geht." Er erwarte von einer Bundesregierung, dass sie sich schützend vor die Unternehmen stelle. Eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern zur Terrorismusabwehr sei richtig. "Das muss jede Regierung machen. Aber sie muss auch klarmachen: Datenschutz ist ein Menschenrecht. Seit Prism muss man sagen, Datenschutz ist auch ein Wirtschaftsfaktor."

Handynummer von Bünyamin E. weitergegeben?

Derweil geht auch die Debatte über die Weitergabe von Handydaten an amerikanische Sicherheitsbehörden weiter. Die Zeitung "Bild am Sonntag" berichtet, amerikanische Geheimdienste hätten von einer deutschen Sicherheitsbehörde die Mobiltelefonnummer des Deutschen Bünyamin E. erhalten, der bei einem US-Drohnenangriff im Oktober 2010 im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet getötet worden sei. Zudem hätten die Amerikaner neben der deutschen Mobilfunknummer von Bünyamin E. auch die Nummer einer Kontaktperson in der Türkei bekommen. Nicht beteiligt an der Übermittlung der Daten von Bünyamin E. sei der Bundesnachrichtendienst (BND) gewesen, schreibt das Blatt unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise.

Die Bundesanwaltschaft hatte Anfang Juli 2013 ihr Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingestellt: Die Tötung von Bünyamin E. sei "nach den Regeln des Konfliktvölkerrechts gerechtfertigt und stellt kein Kriegsverbrechen dar", erklärte sie.

BND verweist auf Sicherheit deutscher Soldaten

Dass Handydaten von Terrorverdächtigen seit Jahren weitergereicht wurden, hat der BND inzwischen bestätigt. Die grundsätzliche Praxis dieser Weitergabe erläuterte BND-Präsident Gerhard Schindler in der Zeitung mit den Worten: "Die Kooperation mit der NSA dient auch dem unmittelbaren Schutz unserer in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten. Die durch die Fernmeldeaufklärung gewonnenen Erkenntnisse tragen dazu bei, Anschlagsplanungen von Terroristen rechtzeitig erkennen zu können. Dies gehört zu den prioritären Aufgaben eines Auslandsnachrichtendienstes."

Am Samstag hatte der BND eine mögliche Beihilfe an gezielten Tötungen von Terrorverdächtigen durch US-Drohnen bestritten. Mit den weitergeleiteten Daten sei eine zielgenaue Ortung eines Verdächtigen nicht möglich, argumentiert der deutsche Auslandsgeheimdienst. Die Weitergabe solcher Telefonnummern an ausländische Geheimdienste sei im Übrigen rechtmäßig. "Diese Übermittlungspraxis gibt es im BND seit etwa 2003/2004."

Experten vermuten dagegen, dass solche Daten beim Einsatz von Kampfdrohnen zum Beispiel in Afghanistan, Pakistan oder Somalia zur gezielten Tötung durchaus genutzt werden können. Wenn Daten über einen längeren Zeitraum erhoben würden, seien sie nützlich, um Personen zu orten, sagte der Hamburger Informatikprofessor Hannes Federrath der "Süddeutschen Zeitung".

kle/sti (dpa, rtr)