Grüne Parteispitze wiedergewählt
21. November 2015Cem Özdemir freute sich sichtlich über den großen Applaus, den er für seine kämpferische Bewerbungsrede bekam. Mit knapp 77 Prozent der Stimmen wählten ihn die Delegierten für weitere zwei Jahre zum Vorsitzenden. Bei der letzten Wahl hatte der 49-jährige Baden-Württemberger nur gut 71 Prozent der Stimmen bekommen.
Özdemir, der sich wegen seiner türkischen Wurzeln selbst als "anatolischen Schwaben" bezeichnet, steht seit 2008 an der Spitze der Grünen. Der Muslim, der mit einer Katholikin verheiratet ist, gehört den sogenannten "Realos" an, dem konservativeren der beiden Parteiflügel.
"Cem, was machst du noch bei den Grünen, bist du bei der CDU nicht besser aufgehoben?", provozierte ihn ein Vertreter des linken Parteiflügels in der traditionellen Fragerunde vor der Wahl. In seiner Bewerbungsrede hatte Özdemir Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen Kritik aus der CSU verteidigt. Es sei richtig, keine Obergrenzen für Flüchtlinge zu benennen. Seine eigene Biographie ist für den Sohn türkischer Einwanderer ein Beweis dafür, dass Integration funktionieren kann. Das gehe aber nur, betont er immer wieder, wenn beide Seiten integrationswillig seien.
Starke Führungsfigur
Trotz einzelner kritischer Stimmen hatte Özdemirs Gegenkandidat, der weitgehend unbekannte Alexander Merkouris aus Bayern, keine Chance gegen den beliebten Parteichef. An Özdemir kommt bei den Grünen inzwischen niemand mehr vorbei. "Ich freue mich auf den gemeinsamem Wahlkampf mit Euch", sagte er - und signalisierte damit, dass er Ambitionen auf das begehrte Amt des Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl hat. "Ja, wir wollen regieren, weil wir fest überzeugt sind, dass wir besser regieren würden als die große Koalition", gab er die Marschrichtung für 2017 vor. Zunächst einmal stehen im kommenden März aber Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachen-Anhalt an, bei denen für die Grünen viel auf dem Spiel steht.
Dämpfer für Simone Peter
Für Özdemirs Ko-Vorsitzende Simone Peter war das Ergebnis hingegen ein kleiner Dämpfer: Sie wurde mit nur 68 Prozent der Stimmen in ihrem Amt bestätigt. Die Parteilinke Peter steht erst seit zwei Jahren an der Spitze der Partei - sie übernahm das Amt nach der Schlappe der Grünen bei der Bundestagswahl 2013.
Vorher war die 49-jährige im Saarland Umweltministerin in der ersten Koalition von CDU, FDP und Grünen auf Landesebene. Die promovierte Biologin besetzt in der Parteispitze die Themen Umwelt- und Klimapolitik, hat sich aber auch in der Flüchtlingsdebatte profiliert.
Der Beginn ihrer Amtszeit als Parteichefin war geprägt von Kommunikationspannen und Abstimmungsproblemen mit ihrem Ko-Vorsitzenden Cem Özdemir. Inzwischen haben sich die beiden zusammengerauft und ziehen an einem Strang. Peters einzige Gegenkandidatin konnte daher bei der Wahl nur einen Achtungserfolg erzielen.