Cameron beugt sich dem Druck
4. September 2015Bisher hatte Großbritannien lediglich 216 syrische Flüchtlinge aufgenommen. Nun sollen "mehrere tausend" Menschen aus dem Bürgerkriegsland hinzukommen, wie Premierminister David Cameron bei einem Besuch in Portugals Hauptstadt Lissabon ankündigte. Als Beweggrund für die Entscheidung nannte er "das Ausmaß der Krise und das Leid der Menschen".
Von der syrischen Grenze direkt nach Großbritannien
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes UNHCR hat die britische Regierung 4000 "Umsiedlungsplätze" angeboten. Die Tageszeitung "The Guardian" berichtete, die betreffenden Flüchtlinge würden voraussichtlich aus UN-Camps an der syrischen Grenze nach Großbritannien geholt und nicht aus nahe dem Vereinigten Königreich gelegenen Brennpunkten wie etwa Calais. In der nordfranzösischen Stadt versuchen seit Wochen hunderte Flüchtlinge, durch den Ärmelkanal nach Großbritannien zu kommen.
Cameron war am Donnerstag unter Druck geraten, nachdem das Bild eines ertrunkenen Flüchtlingsjungen weltweit große Betroffenheit ausgelöst hatte. Konservative Politiker schlossen sich der Forderung der Opposition an, die harte Asylpolitik zu ändern. Auch Cameron sagte, er sei "tief bewegt" von dem Foto, das auf fast allen Titelseiten zu sehen war. Großbritannien werde seiner moralischen Verantwortung nachkommen. Der Premier hatte eine "Überprüfung" der Aufnahmezahlen zugesagt. Deutschland und Frankreich kündigten ihrerseits eine gemeinsame Initiative an, die verbindliche Quoten zur Verteilung von vor allem syrischen Flüchtlingen in der EU vorsieht.
Online-Petition fordert mehr Engagement
Auch die britische Bevölkerung fordert mehr Engagement in der Flüchtlingskrise. Mehr als 333.000 Menschen forderten in einer Online-Petition, mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen. "Großbritannien gewährt im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern nicht ausreichend Asyl", heißt es in der Petition an Regierung und Abgeordnete. "Wir müssen helfen." Petitionen, die mehr als 100.000 Unterstützer finden, werden für eine Parlamentsdebatte in Betracht gezogen.
Diese Debatte dürfte in der kommenden Woche ohnehin stattfinden. Bisher hatte die Regierung betont, Großbritannien helfe in den Krisengebieten. Nach Regierungsangaben hat das Land über die vergangenen vier Jahre rund 5000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen.
cr/djo (afp, dpa)