Wahlsieger Tsipras schon Regierungschef
26. Januar 2015Der Vorsitzende des Linksbündnisses Syriza, Alexis Tsipras, ist als neuer Ministerpräsident Griechenlands vereidigt worden. Einen Tag nach dem Sieg seiner Partei bei der vorgezogenen Parlamentswahl legte Tsipras in Athen vor Staatspräsident Karolos Papoulias den Amtseid ab (Artikelbild, Tsipras rechts).
In Blitzverhandlungen hatte sich Tsipras zuvor mit der nationalistischen Partei "Unabhängige Griechen" (ANEL) auf die Bildung einer Koalition geeinigt. Syriza und ANEL kämpfen gegen die Sparauflagen der internationalen Geldgeber, sonst aber liegen beide Parteien weit auseinander.
Parlamentssitzung im Februar
Am 5. Februar kommt das neue Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Anschließend müssen die Abgeordneten innerhalb von zehn Tagen Tsipras und seine neue Regierung im Amt bestätigen.
Nach dem offiziellen Endergebnis hat Syriza die Parlamentswahl am Sonntag mit 36,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Mit 149 der 300 Parlamentssitze verfehlte Tsipras die absolute Mehrheit nur um zwei Mandate. Die "Unabhängigen Griechen" kamen auf 4,8 Prozent und 13 Sitze. Für die konservative Nea Dimokratia des scheidenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras stimmten nur noch 27,8 Prozent der Wähler.
Sechs Prozent für Neonazis
Drittstärkste politische Kraft wurde die neo-faschistische "Goldene Morgenröte" mit 6,2 Prozent. Die im vergangenen Jahr neu gegründete proeuropäische Partei To Potami erhielt 6,1 Prozent. Den Einzug in das Parlament schafften auch die Kommunisten mit 5,5 Prozent. Die sozialdemokratische Pasok, in der abgewählten Regierung Koalitionspartner der Konservativen, bekam nur noch 4,7 Prozent der Stimmen.
Tspiras hielt sich am Tag nach der Wahl mit öffentlichen Erklärungen zurück. Er hatte den Griechen bereits am Sonntagabend ein Ende der "desaströsen Sparpolitik" versprochen und Verhandlungen mit den Kreditgebern über einen Schuldenschnitt angekündigt. Er werde mit den Gläubigern eine "neue machbare Lösung" aushandeln. Ein Streit solle verhindert werden. Im Wahlkampf hatte Tsipras erklärt, er wolle, dass Griechenland in der Eurozone bleibe.
Das hoch verschuldete Land hat seit 2010 zur Abwendung einer Staatspleite von den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds insgesamt 240 Milliarden Euro erhalten. Die mit dem Hilfspaket verbundenen Spar- und Reformauflagen haben Griechenland in eine tiefe Rezession gestürzt. Die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 26 Prozent; jeder zweite Jugendliche ist ohne Job.
Die Bundesregierung bot der neuen Führung in Athen ihre Zusammenarbeit an. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, es gehe nun aber darum, "dass Verpflichtungen eingehalten werden und die neue Regierung an Reformbemühungen anknüpft".
Gegen Schuldenschnitt
Das Bundesfinanzministerium erklärte, es lehne einen Schuldenschnitt weiter ab, eine Verlängerung des derzeit laufenden zweiten Hilfsprogramms sei aber "sicher eine Möglichkeit". Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte, der Verbleib Griechenlands in der Eurozone hänge von der Bereitschaft Athens ab, auch nach einem Regierungswechsel seine Verpflichtungen zu erfüllen.
Die Finanzmärkte reagierten gelassen auf den Wahlsieg von Syriza. Der deutsche Aktienmarkt setzte sogar seinen Höhenflug fort. Auch an den europäischen Anleihemärkten blieben Turbulenzen aus - anders als während der Höhepunkte der Euro-Schuldenkrise. Der Euro zeigte sich stabil. Die Ratingagentur Standard and Poors (S&P) teilte mit, Griechenland drohe womöglich eine baldige Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit.
wl/kle (dpa, afp, rtr)