Griechischer Ex-Minister verurteilt
5. März 2013Ein Athener Berufungsgericht hat den 73-Jährigen der Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Dem Ex-Minister wird vorgeworfen, den Besitz einer Villa in der Athener Innenstadt sowie Bankeinlagen und Wertpapierdepots in Höhe von 100.000 Euro verheimlicht zu haben. Das Gericht veranlasste die Beschlagnahmung des Luxushauses mit Blick auf die Akropolis, das nun zwangsversteigert werden soll.
Nach Ansicht von Rechtsexperten war das Urteil besonders streng, aber durchaus vertretbar bei einem hohen Amtsträger wie Tsochatzopoulos. Leonidas Kotsalís, der Anwalt des ehemaligen Ministers, sieht das anders. In einem Interview mit dem TV-Sender Skai erklärte er, er sei überrascht über die Höhe der Strafe.
Umstrittener Luxus
Seine Politkarriere begann Tsochatzopoulos in den sechziger Jahren in München als Stellvertreter des Sozialistenführers Andreas Papandreou. Aus dem Exil kämpfte er gegen die Athener Obristenjunta und war Mitbegründer der sozialistischen PASOK-Partei, die 1981 einen grandiosen Wahlsieg in Griechenland feierte. Der Ingenieur Tsochatzopoulos war die Nummer zwei der Sozialisten und wollte nach dem Tod des Gründervaters Papandreou noch höher hinaus, konnte sich aber nicht gegen den nüchtern agierenden Kostas Simitis durchsetzen.
Tsochatzopoulos machte es seiner Partei aber auch nicht immer leicht. Für Verblüffung sorgte 2004 seine Hochzeit mit einer 30 Jahren jüngeren Frau, die in einem Pariser Luxushotel gefeiert wurde. 2010 kaufte sich das Paar ein Haus mit Blick auf die Akropolis, dessen geschätzter Marktpreis damals bei 7000 Euro pro Quadratmeter lag. Für die Staatsanwaltschaft war diese Immobilie der Stein des Anstoßes. Tsochatzopoulos beteuert, das Haus gehöre gar nicht ihm, sondern seiner Frau. Auf die Frage nach den Besitzverhältnissen lieferte sein Anwalt Leonidas Kotsalis in einem Interview im griechischen Fernsehen die Antwort, das Haus gehöre der Ehefrau des Politikers, "aber er sieht es ja auch wie sein Zuhause an - wie jeder Familienvater. Der Immobilienkauf erfolgte im April 2010, war völlig transparent und wurde zu zwei Drittel durch Bankdarlehen finanziert".
Das Gericht war anderer Ansicht und verurteilte Tsochatzopoulos zu acht Jahren Haft - ohne Bewährung. Es war das zweite Urteil mit Signalwirkung gegen einen hochrangigen griechischen Politiker innerhalb von nur wenigen Tagen: Am vergangenen Mittwoch (27.02.2012) wurde der langjährige Bürgermeister von Thessaloniki und Ex-Abgeordnete der konservativen Regierungspartei Vassilis Papageorgopoulos wegen Veruntreuung zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.
"Beweise kommen langsam ans Licht"
Beide Politiker weisen alle Vorwürfe vehement zurück und sehen sich als Sündenböcke und Opfer von politisch motivierten Gerichtsprozessen: "Man giert nach dem Blut von Politikern", kommentierte der zu lebenslanger Haft verurteilte ehemalige Bürgermeister von Thessaloniki.
Der Politik-Analyst Dimitris Economou will das nicht gelten lassen: Die Gesellschaft wolle kein Blut, sondern Gerechtigkeit, sagte der Athener Publizist im Gespräch mit griechischen Medien: "Als wir Journalisten früher irgendeiner Korruptionsgeschichte auf der Spur waren, wurden wir oft von den Politikern mit dem Hinweis abgefertigt: Wer Beweise hat, soll die Gerichte anrufen. Jetzt sind die Gerichte da. Und Beweise kommen langsam auch ans Licht."
Eine differenzierte Auffassung vertritt der griechische Journalist Panos Kosmas, der 2012 mit der Linkspartei für das griechische Parlament kandidiert hat. Es bestehe durchaus die Gefahr, dass ein Politiker wie Tsochatzopoulos als Sündenbock instrumentalisiert wird, damit weitere Affären vertuscht oder nicht mehr verfolgt würden, erklärte Kosmas im griechischen TV-Sender Skai: Die Griechen diskutierten schon lange genug über Listen von mutmaßlichen Steuersündern und weitere Skandalgeschichten. Sein Fazit: "Es glaubt doch niemand im Ernst, dass die Korruption ausgerottet ist, nur weil zwei prominente Politiker verurteilt wurden."
Den ehemalige Verteidigungsminister Tsochatzopoulos erwartet zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr noch ein weiterer Prozess wegen Korruption. Ihm wird vorgeworfen, Bestechungsgeld im Zusammenhang mit U-Boot-Lieferungen aus Deutschland und dem Kauf von Abwehrraketen aus Russland erhalten zu haben. Er bestreitet das und behauptet, dass nicht er persönlich, sondern das gesamte Kabinett die Entscheidungen über Rüstungskäufe getroffen habe.