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Griechenland ist Flüchtlingsziel Nr. 1

1. Juli 2015

Das UN-Flüchtlingshilfswerk schlägt Alarm: Die Zahl der Flüchtlinge, die übers Mittelmeer nach Europa kommen, erreicht einen Rekordstand. Zudem verschiebt sich der Hauptstrom der Migranten von Italien nach Griechenland.

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Afghanische Flüchtlinge in Griechenland (Foto: afp)
Migranten aus Afghanistan sind auf der griechischen Insel Lesbos angekommenBild: Getty Images/AFP/L. Gouliamaki

In diesem Jahr haben bereits 137.000 Menschen die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer zu europäischen Küsten gewagt. Das sind 83 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf mitteilte. Parallel dazu wuchs die Zahl der unterwegs ums Leben gekommenen Menschen deutlich: 1867 Menschen starben in diesem Jahr bei der Flucht auf dem Meer, davon allein 1308 im April. Nachdem die EU angesichts der beispiellosen Zahl von Ertrunkenen im April ihre Such- und Rettungseinsätze ausgeweitet hatte, ging die Zahl der Todesopfer nach UN-Angaben deutlich zurück. Im Mai gab es demnach 68 Tote, im Juni zwölf.

Nach UN-Angaben ist inzwischen eine Verschiebung bei den Flüchtlingsbewegungen zu erkennen. Die Zahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus per Boot nach Griechenland gelangen, übersteigt demnach inzwischen die Zahl der Migranten, die von Nordafrika aus in Richtung Italien aufbrechen. Während in Italien im Vorjahr mit 170.000 Menschen mehr als drei Viertel aller Bootsflüchtlinge in Europa ankamen, waren es im ersten Halbjahr dieses Jahres 67.500. In Griechenland dagegen hat sich die entsprechende Zahl deutlich vergrößert. Im gesamten Jahr 2014 landeten dort 43.500 Flüchtlinge, in diesem Jahr bereits 68.000.

Viele Syrer flüchten

"Europa erlebt eine maritime Flüchtlingskrise von historischem Ausmaß", erklärte das Hilfswerk. UN-Flüchtlingskommissar António Guterres erklärte, bei den meisten Flüchtlingen handle es sich nicht um Wirtschaftsflüchtlinge. Die meisten der Migranten seien vielmehr wegen Kriegen, Konflikten und Verfolgung auf der Flucht. Ein Drittel der Bootsflüchtlinge kamen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Jeweils zwölf Prozent flohen aus Afghanistan und Eritrea. Viele weitere Flüchtlinge stammen aus Somalia, Nigeria, dem Irak und Sudan.

Flüchtlingskommissar António Guterres (Foto: afp)
Flüchtlingskommissar Antonio GuterresBild: Getty Images/AFP/O. Kose

Die UN-Organisation erwartet, dass die Zahl der Migranten, die übers Mittelmeer nach Europa kommen, in den nächsten Monaten sogar noch steigen wird. Erfahrungen zeigten, dass in der zweiten Jahreshälfte teils doppelt so viele Menschen ankämen wie im ersten Halbjahr, betonte Guterres.

Renzi pocht auf Solidarität

In Berlin kritisierte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi die mangelnde Bereitschaft in der Europäischen Union zur Aufnahme der Flüchtlinge. Mit Blick auf die zunächst gescheiterte Regelung für verbindliche Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen sagte Renzi, der EU-Gipfel in der Vorwoche sei ein "Festival der Egoisten" gewesen. "Es ist eine lächerliche Diskussion, die hier abläuft." Italien ist ein Hauptziel der Flüchtlinge.

Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Renzi (Foto: Reuters)
Sie wollen mehr europäische Solidarität: Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident RenziBild: Reuters/F. Bensch

Angesichts des anschwellenden Flüchtlingsstroms rief Bundeskanzlerin Angela Merkel die EU-Mitglieder erneut zur Kooperation auf. Nach der Begegnung mit Renzi setzte sie sich erneut für eine "faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa" ein. In Brüssel hatten sich die EU-Staaten nur darauf verständigt, auf freiwilliger Basis 40.000 in Italien und Griechenland aufgenommene Flüchtlinge auf die anderen Mitgliedstaaten zu verteilen. Vor allem die osteuropäischen EU-Staaten wehren sich gegen feste Quoten.

Renzi lehnte eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum entschieden ab. Dies hatten vor allem rechtspopulistische Politiker in EU-Staaten gefordert, um damit unter anderem die illegalen Einwanderer zu stoppen. In dem Schengener Abkommen, dem die meisten europäischen Staaten beigetreten sind, ist die Abschaffung der einst üblichen stationären Kontrollen an den Binnengrenzübergängen geregelt. Zuletzt hatte Dänemark angekündigt, wieder Grenzkontrollen einzuführen.

kle/fab (afp, rtr, dpa)