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Griechenland kapert den EU-Gipfel

Barbara Wesel, Brüssel 19. März 2015

Im Prinzip will Alexis Tsipras wohl Geld von der EZB - so schnell wie möglich. Es ist aber kaum wahrscheinlich, dass Angela Merkel und Francois Hollande ihm dabei helfen können. Oder wollen. Aus Brüssel Barbara Wesel.

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Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in Brüssel (Foto: REUTERS/Yves Herman)
Bild: Reuters/Y. Herman

Die Regierungschefs wollten bei diesem Gipfel eigentlich über die Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die europäische Energieunion und die labile Lage in Libyen reden. Doch der griechische Premier Alexis Tsipras drängte ihnen das Thema Griechenland auf. Das sorgt einerseits für gespannte Erwartungen, wie dieses Drama wohl weitergehen wird - und andererseits auch gleich für Ärger. Denn einige kleine Länder, wie etwa Belgien, beklagten sich darüber, dass es ein Sondertreffen am späten Abend, nach der offiziellen Tagesordnung, geben wird, zu dem nur Auserwählte eingeladen sind: Die Vertreter von Deutschland und Frankreich sowie EZB-Chef Mario Draghi, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und - zum Ärger des griechischen Ministerpräsidenten - Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Den Zuchtmeister aus der Runde der Finanzminister hätte er lieber nicht dabei gehabt.

Was will Griechenland?

Tsipras, der Mann, der für den ganzen Wirbel gesorgt hat, blieb zum Auftakt des Gipfels einsilbig, und murmelte im Vorbeigehen nur etwas von Wachstum, das in Europa gebraucht werde. Was er sich von dem "Spitzentreffen" am Rande erhofft, erläuterte am frühen Abend sein Regierungssprecher dann vor griechischen Journalisten. Tsipras wolle eine Klarstellung der geforderten Reformen, einschließlich der Vorschläge, die Finanzminister Yanis Varoufakis bereits gemacht hatte. Letztere allerdings hatten die Kollegen als untauglich vom Tisch gewischt. Dann wolle er wissen, welche Reformen schon in den nächsten 30 Tagen umzusetzen wären. Und schließlich, ob sie denn überprüft werden müssten. Der griechische Regierungschef wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die frühere Troika, die Vertreter der Gläubiger in Athen. Am Dienstag hat er ihre Arbeit nach nur wenigen Tagen vor Ort wieder beenden lassen. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Vereinbarung in der Eurogruppe. Letztlich erwartet Tsipras wohl, dass man ihm die Reformen einfach theoretisch glaubt. Das könnte schwierig werden - denn nicht nur Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble spricht inzwischen von einem Vertrauensverlust.

Suppenküche in Griechenland (Foto: REUTERS/Yannis Behrakis)
Griechenland hat gerade Hilfen für Bedürftige beschlossenBild: Reuters/Y. Behrakis

Und dann will der griechische Premier Geld, und zwar von der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie solle die Obergrenze für die Notfallkredite erhöhen, mit denen griechische Banken über Wasser gehalten werden. Da wird Mario Draghi einwenden, dass er schon jetzt großzügiger ist, als es seine Regeln eigentlich zulassen. Weiter will Tsipras fordern, dass die Zentralbank griechische Staatsanleihen wieder aufkaufen solle. Damit hat sie aufgehört, weil die Bonds offiziell als "Schrott" gelten. Und auch hier darf Draghi keine Ausnahme machen. Und schließlich möchte der griechische Regierungschef, dass die EZB 1,9 Milliarden an früheren Zinsgewinnen an Athen auszahlt. Die aber gehören mit in das Paket vom 20. Februar in der Eurogruppe, und sind wie der Rest der Hilfsgelder an Auflagen gebunden.

Das Viertel Grand Canal Dock in Dublin (Foto: Peter Hegarty, DW)
In Dublin steigen inzwischen die Immobilienpreise wiederBild: DW/Peter Hegarty

Keine Geduld mehr mit Tsipras

Zum Auftakt des offiziellen Gipfeltreffens zeigte sich auch gleich, dass der griechische Regierungschef nicht besonders viele Unterstützer hat. Der irische Kollege Enda Kenny schenkte ihm kräftig ein: Die Sprache aus Athen sei inakzeptabel, es sei unmöglich, die anderen Mitgliedsländer mit der Freisetzung von Dschihadisten zu bedrohen. Außerdem solle Griechenland seiner Verantwortung ins Auge sehen. Das Land habe auf seinen Wunsch Zeit und Raum bekommen, aber "jetzt läuft die Zeit ab". Ein Wunder, dass Kenny sich an der Stelle nicht selbst auf die Schulter klopfte: Das Ex-Krisenland Irland ist der Musterknabe der EU und erwartet für dieses Jahr ein Wachstum von 4,5 Prozent. Auch dort waren übrigens die Gehälter der Beamten um bis zu 20 Prozent gekürzt worden, als der Staatsbankrott drohte.

Angela Merkel und Francois Hollande (r.) (Foto: REUTERS/Francois Lenoir)
Die griechische Regierung wird keinen Keil zwischen Merkel und Hollande treiben könnenBild: Reuters/F. Lenoir

Gerade bei den kleineren EU-Ländern, die selbst Probleme haben oder hatten, kommt die griechische Haltung schlecht an. Athen solle einfach die Reformen fortsetzen, erklärte der estnische Regierungschef Taavi Roivas schlicht. Er und seine baltischen Kollegen sind auf Athen schlecht zu sprechen, weil sie sich aus eigener Kraft aus der Krise befreit haben. Ähnliches gilt auch für Slowenien oder Portugal. Die Liste derer ist lang, die die Geduld mit dem Pokerspiel der Regierung Tsipras verloren haben. Auch der konservative finnische Premier Alexander Stubb gehört dazu. Er hat im April Wahlen zu bestehen, bei denen die Rechtspopulisten gute Chancen haben. Die lehnen jede Hilfe für Griechenland kategorisch ab. "Wir müssen entschlossen bleiben", sagte Stubb. Die Griechen hätten in der Eurogruppe Verpflichtungen übernommen, und müssten sie einfach einhalten. Außerdem sollten sie mit der Troika wieder zusammenarbeiten.

"Es wird keinen Durchbruch geben"

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte gleich am Anfang des Treffens im Hinblick auf Griechenland: "Erwarten Sie keine Lösung, erwarten Sie keinen Durchbruch." Entscheidungen würden in der Eurogruppe auf der Basis der Vereinbarung vom 20. Februar gefällt, "und dabei bleibt es". In dem verlängerten Hilfspaket gibt es noch sieben Milliarden Euro, die werden aber erst gezahlt, wenn Ende April nachprüfbare Reformen zu sehen sind. Bisher aber, so klagten EU-Vertreter in dieser Woche in Athen, habe die Regierung noch nicht ein einziges Gesetz in Gang gebracht, das dazu nötig wäre.

Auch der französische Präsident Francois Hollande, der in der Kritik steht, weil Frankreich sein Defizit nicht unter die drei-Prozent-Grenze bringt, war Athen gegenüber kühl: "Es gibt eine Vereinbarung vom 20. Februar, und die muss umgesetzt werden. Sie müssen die notwendigen Reformen durchführen." Man wolle ja, dass Griechenland in der Eurozone bleibe, aber es gebe Verpflichtungen. Das klingt nicht so, als ob jemand an diesem Abend das Scheckbuch zücken würde.