Griechenlands neuer Präsident
18. Februar 2015Dass die Wahl auf Pavlopoulos fiel, ist eine Überraschung. Bis zuletzt galt ein anderes Schwergewicht der Konservativen als klarer Favorit: EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos. Doch offenbar war der betont wirtschaftsliberale Politiker und Vizepräsident der Oppositionspartei "Nea Dimokratia" der linken Wählerschaft nur sehr schwer vermittelbar. Die Nominierung von Pavlopoulos habe einen kleinen Schock ausgelöst, berichtet die Athener Tageszeitung Ta Nea. Immerhin: "Seit der Präsidentschaftswahl 1995 gilt in Hellas die demokratische Tradition, dass die jeweilige Regierungspartei einen Oppositionspolitiker als Kandidaten für das höchste Staatsamt nominiert. Dass auch Ministerpräsident Tsipras diese Tradition fortführt, ist erfreulich", meint der Politanalyst Jannis Pretenderis im TV-Sender Mega.
Pavlopoulos gilt als enger Vertrauter des ehemaligen Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis und hat ihm von 2004 bis 2009 als Innenminister gedient. So eng war die Freundschaft zwischen den beiden, dass Pavlopoulos immer behauptet hat, er würde die Politik verlassen, falls Karamanlis abtritt. Daran hielt er sich allerdings doch nicht: Obwohl sein politischer Förderer die Parlamentswahl 2009 verloren hat und seitdem ein Hinterbänklerdasein fristet, blieb Pavlopoulos bis Januar 2015 im Athener Parlament. Der in Frankreich promovierte Jurist war Innenminister, als Griechenland Ende 2008 von einer beispiellosen Gewaltwelle überzogen wurde, nachdem der 15-jährige Alexis Gigoropoulos im Athener Autonomen-Viertel Exarcheia durch eine Polizeikugel ums Leben kam. Pavlopoulos wurde damals vorgeworfen, gegen die Randalierer nicht energisch genug eingegriffen zu haben. Aus seiner Sicht habe Pavlopoulos damals lediglich eine Deeskalationstaktik verfolgt, die auch aufging und weitere Todesopfer verhindert hat.
Ein Träger des Klientelsystems?
Premier Tsipras attestiert Pavlopoulos "demokratisches Gespür", sowie eine "breite Zustimmung in Gesellschaft und Parlament". Diese Zustimmung war teuer erkauft worden, da offenbar der konservative Politiker an der Aufblähung des griechischen Staatsapparates wesentlich beteiligt war: Nach einem Bericht der Zeitung Ta Nea im Juli 2013 war Pavlopoulos während seiner Ministerzeit für insgesamt 865.132 Neueinstellungen im öffentlichen Dienst verantwortlich. In der Regel handelte es sich dabei um Frist- oder Werkverträge, die immer wieder verlängert wurden und dem griechischen Staat mehrere Klagen auf Festanstellung bescherten. "Die Einstellungskosten von damals erschweren bis heute die Verhandlungen zwischen Griechenland und der aus EU, IWF und EZB bestehenden Troika", berichtet der Athener TV-Sender Skai.
Ob Staatspräsident Pavlopoulos die richtige Symbolfigur für den von Premier Tsipras wiederholt angedrohten Kampf gegen altgediente Partei- und Klientelinteressen ist, bleibt somit abzuwarten. Immerhin hatte der Professor für Verwaltungsrecht im Jahr 2005 versucht, die aus seiner Sicht allzu engen, unlauteren Verflechtungen zwischen Großunternehmern und Medien in Griechenland zu unterbinden. Auch hier bewies er allerdings keine glückliche Hand: Ein von ihm ins Parlament eingebrachter Gesetzesentwurf, das Geschäftsleuten eine Höchstgrenze für den Aktienanteil an Medienunternehmen vorschreiben sollte, wurde von der EU-Kommission kurzerhand für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt. Bis zuletzt beharrte der Jurist damals auf seinem Standpunkt, griechisches Verfassungsrecht habe Vorrang vor EU-Recht. Mit dieser Ansicht traf er in Brüssel freilich auf wenig Verständnis.
Distanz zur verhassten "Troika"
Gefallen dürfte die griechische Linkspartei vor allem daran finden, dass sich der neue Staatspräsident in der Vergangenheit immer wieder von Sparauflagen des laufenden Rettungsprogramms für Griechenland distanziert hat. Ende 2014 übte er Kritik an der "Troika" der Kreditgeber, weil sie angeblich beim damaligen konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras interveniert und ein umstrittenes Gesetz über Schuldenerleichterungen für Privatgläubiger annulliert habe. Zudem erklärte Pavlopoulos die damals neu eingeführte Immobilienbesitzsteuer für verfassungswidrig.
Samaras war nicht nachtragend: Direkt nach der Nominierung seines Parteikollegen für das höchste Staatsamt stellte der Ex-Premier klar, die Konservativen würden bei der anstehenden Abstimmung im Parlament "selbstverständlich" für Pavlopoulos stimmen. Somit war das Parlamentsvotum eine reine Formsache.