Gordon Brown verteidigt Irak-Krieg
5. März 2010Damit stellte sich Gordon Brown bedingungslos hinter die Entscheidung, sich am US-amerikanischen Einmarsch in den Irak zu beteiligen, die sein Vorgänger Tony Blair Anfang 2003 getroffen hatte. Brown selbst war vor den Londoner Untersuchungsausschuss geladen worden, weil er zu Beginn des Irak-Krieges Finanzminister in Blairs Kabinett gewesen war und die Ausgaben für den Militäreinsatz gebilligt hatte.
"Test für die Staatengemeinschaft"
Über fünf Stunden lang stellte sich Brown am Freitag (05.03.2010) den Fragen der Ausschussmitglieder. Der angeschlagene Regierungschef würdigte die 179 britischen Soldaten, die während des Einsatzes im Irak getötet wurden. Er bekräftigte allerdings auch, dass die Militäroperation notwendig gewesen sei. Brown bezeichnete den Einmarsch als "Test für die internationale Staatengemeinschaft", nachdem alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft worden seien. Der Irak sei zu diesem Zeitpunkt ein Serientäter bei Verstößen gegen das Völkerrecht gewesen, rechtfertigte Brown die Entscheidung für einen Einmarsch: "Wir hätten sonst jedem möglichen Diktator die Botschaft gesendet, dass er machen kann, was er will."
Damit argumentierte Brown etwas anders als Tony Blair, der vor vier Wochen vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt hatte. Blair hatte damals erklärt, die Bedrohung durch den damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein und sein angebliches Arsenal an Massenvernichtungswaffen sei dermaßen groß gewesen, dass er den Einmarsch habe befehlen müssen. Diese Waffen wurden aber nie gefunden.
Aussage kam früher als geplant
Offiziell hatte der heutige Premierminister die Entscheidung für den Irak-Einsatz in der Vergangenheit immer mitgetragen – allerdings wohl eher aus Loyalität denn aus Überzeugung. Brown sagte selbst, er habe nach der Invasion wiederholt versucht, die Amerikaner stärker dazu zu drängen, auch Pläne für einen Wiederaufbau auszuarbeiten. Anders als die USA hätten die Briten schnell erkannt, dass sie sich von einer Befreiungsarmee zur Besatzerarmee entwickelten, wenn sie nicht mit dem irakischen Volk kooperierten.
Gordon Brown selbst hatte 2009 nach anhaltender Kritik der Opposition und der Öffentlichkeit die Untersuchung in Auftrag gegeben. Eigentlich wollte Brown selbst nicht vor dem 6. Mai aussagen. An diesem Tag sollen in Großbritannien wahrscheinlich die nächsten Unterhauswahlen stattfinden. Doch weil der innenpolitische Druck immer weiter zugenommen hatte, stimmte Brown dann doch einer früheren Befragung zu. Die Untersuchung ist die bisher umfangreichste in Großbritannien zur Aufklärung der damaligen Vorgänge. Sie soll vor allem dazu beitragen, in künftigen Konflikten Fehler zu vermeiden.
War der Einsatz deutlich unterfinanziert?
Die Mitglieder des parlamentarischen Untersuchungsausschusses wollten auch wissen, warum Brown das Militärbudget nach Kriegsbeginn radikal gekürzt hatte. Bereits vor seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss waren in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen Brown laut geworden. Charles Guthrie, von 1997 bis 2001 Generalstabschef der britischen Armee, hatte dem damaligen Finanzminister in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Times" vorgeworfen, dass die Truppen im Irak-Krieg nicht die finanzielle Unterstützung bekommen hätten, die für einen solchen Einsatz notwendig gewesen sei. Dies habe "zweifellos das Leben von Soldaten gekostet".
Bereits im Januar hatte Geoff Hoon, der ehemalige Verteidigungsminister, vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt, dass die britischen Truppen vor dem Irak-Krieg jahrelang unterfinanziert gewesen seien. Militärchefs und Staatssekretäre sagten vor dem Ausschuss, die Arbeit der Soldaten sei dadurch erschwert gewesen. Mehrere Generäle waren damals aus Protest zurückgetreten. Gordon Brown wies diese Vorwürfe vor dem Untersuchungsausschuss zurück. Er habe als Finanzminister stets die Mittel bereitgestellt, die für den Einsatz nötig gewesen seien.
Autor: Thomas Latschan (afp, ap, dpa, rtr)
Redaktion: Mathias Bölinger