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Goodbye Jelzin! - Machtkampf in Russland

Miodrag Soric5. November 2003

Die Verhaftung des Ölmagnaten Chodorkowski, der Rücktritt des Chefs der Präsidialverwaltung Woloschin - Vorgänge, die deutlich machen: In Russland tobt ein offener Kampf um die Macht. Miodrag Soric kommentiert.

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Diesmal ist sich die Gilde der Kreml-Astrologen einig: In Moskau will Präsident Wladimir Putin die Macht nicht mehr mit der so genannten "Familie" teilen und verdrängt deshalb ihre Repräsentanten nach und nach von den Hebeln der Macht. Zur "Familie" gehören all diejenigen, die unter Putins Vorgänger Boris Jelzin zu Amt und Würden kamen, immerhin ein Großteil des Präsidialapparates und gut die Hälfte der Regierungsmitglieder.

Der wohl mächtigste Vertreter des alten Regimes, der bisherige Chef der Präsidialverwaltung, Alexander Woloschin, nahm in diesen Tagen den Hut. Nach den bevorstehenden Parlamentswahlen Anfang Dezember wird die Regierung umgebildet werden. Kreml-Astrologen spekulieren schon jetzt, wer den gegenwärtigen Ministerpräsidenten Michail Kassjanow beerben wird. Schließlich gehört auch er zu den Freunden der Familie Jelzin.

Putins Demokratieverständnis

Das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen den Ölmagnaten Michail Chodorkowski ist ebenfalls Teil des Machtkampfes in Moskau. Der milliardenschwere Unternehmer unterstützte - wie andere Oligarchen, die unter Jelzin zu viel Geld kamen - die politischen Gegner Putins und profilierte sich als Alternative zu Putin. Um seine Position im Lande selbst zu stärken, plante Chodorkowski die Beteilung amerikanischer Unternehmen am russischen Ölgeschäft. Putin ließ ihn ins Gefängnis werfen. Denn wer sich in der Politik engagieren darf und wer nicht, bestimmt immer noch der Präsident - bezeichnend für Putins Demokratieverständnis. Da passt es ins Bild der "gelenkten Demokratie", von welcher der Kremlchef ständig spricht, dass die elektronischen Medien gleichgeschaltet und die Wahlen in Tschetschenien gefälscht wurden.

Chodorkowski hat den Machtkampf gegen Putin verloren. Andere Oligarchen haben ihr Geld schon ins Ausland gebracht oder sind gerade dabei, dies zu tun. Die Zeit, in der russische Unternehmer binnen kurzer Zeit ein Milliardenvermögen zusammenraffen konnten, ist vorbei. Was aber folgt?

Kommunisten haben Chancen

Aus den bevorstehenden Parlamentswahlen drohen ausgerechnet die Kommunisten als Sieger hervorzugehen. Ihre Klientel lässt sich leicht mobilisieren. Sie geht zur Wahl, anders die Anhänger der demokratischen Parteien, die wohl in großer Zahl zu Hause bleiben werden. Den Demokraten ist es letztlich nicht gelungen, eine wirkliche Alternative zu Präsident Putin aufzubauen. Aber auch die Anhänger des Präsidenten wirken blass, haben Schwierigkeiten, Kandidaten zu benennen, die sie etwa zu öffentlichen Veranstaltungen oder zu Fernseh-Talkshows schicken können. Bereits jetzt scheint festzustehen, dass die Partei der Nichtwähler bei den bevorstehenden Parlamentswahlen die größte sein wird.

Geschwächte demokratische Parteien, Übergriffe der Staatsanwaltschaft gegen politische Gegner des Präsidenten, der wachsende Einfluss des Geheimdienstes auf die Präsidialverwaltung und Wirtschaft des Landes, Wahlfälschungen, die Missachtung der Pressefreiheit - alles das sind keine gute Vorzeichen für Russlands Zukunft. Putin muss sich vorsehen, dass er sein politisches Schicksal nicht auf Gedeih und Verderb mit dem des Geheimdienstes verbindet. Schon Stalin wusste, dass die Kaderfrage die entscheidende ist. Anders formuliert: Wer arbeitet heute noch für die Nachfolgeorganisationen des KGB? Letztlich doch nur Menschen, die in den vergangenen 13 Jahren nicht intelligent genug waren, sich in der freien Wirtschaft zu bewähren. Mit diesen Leuten ist kein Staat zu machen.