Goldener Leopard für philippinischen Film
16. August 2014Mit Spannung ist die Jury-Entscheidung erwartet worden. Unter den Favoriten waren Kinoproduktionen aus Russland, Südkorea und von den Philippinen. Und die Konkurrenz war groß: zwischen 17 hochkarätigen Spiel- und Dokumentarfilmen mussten die Jurymitglieder in diesem Jahr auswählen. Aber die Entscheidung fiel einstimmig – für einen ungewöhnlichen Film.
Knapp fünfeinhalb Stunden dauert des hochpolitische Historiendrama "From what is before" ("Mula Sa Kung Ano Ang Noon"/"Von dem, was war"). Regisseur Lav Diaz verarbeitet in sugesstiven Bildern, mit außergewöhnlich langen, und poetischen Einstellungen, die brutalen Auswirkungen der Diktatur von Staatspräsident Marcos in den 70er Jahren.
Die fünfköpfige Jury, der auch der deutsche Regisseur Thomas Aslan angehört, hat damit einen Kinofilm ausgezeichnet, der beim Publikum und bei den Kritikern schon als Favorit gehandelt wurde. Auch deutsche Filme konnten zum Abschluss des 67. Filmfestivals in Locarno Erfolge verbuchen: die polnische Regisseurin Zuzanna Solakiewicz erhielt für ihren Dokumentarfilm "15 Corners of the World", einen Filmessay über den polnischen Komponisten Eugeniusz Rudnik, die Auszeichnung "Bester Film" in der Sektion "Woche der Kritik". Der Film verwebt dokumentarische Passagen mit künstlerisch-abstrakten Bildern und erzählt von der elektronischen Musik, die in den 50er Jahren die Avantgarde in Europa und den USA war. Er wurde in Köln im Studio abgemischt. Rudnik hat dort mit bekannte Komponisten wie Mauricio Kagel und Karlheinz Stockhausen gearbeitet.
Der kubanische Regisseur Oscar Ruiz Navia gewann für seinen Spielfilm "Los Hongos" ("Die Pilze") über junge Graffitti-Künstler in Kuba den Spezialpreis der Jury "Ciné Cineasti". Der Kinofilm wurde mit starker finanzieller Beteiligung deutscher Produzenten realisiert. Diese Auszeichnung wird an junge, noch nicht etablierte Filmemacher vergeben, die durch eine besondere künstlerische Handschrift auffallen und neue Erzählformen wagen.
Den Publikumspreis für den besten Film außerhalb des offiziellen Wettbewerbs wird an den Film "Schweizer Helden" von Regisseur Peter Luisi verliehen. Locarno ist neben den europäischen Filmfestivals von Cannes, Berlin und Venedig der wichtigste Wettbewerb für Filmschaffende, Regisseure und Schauspieler. Die begehrte Auszeichnung "Goldener Leopard" wird seit 1968 an den besten Wettbewerbsfilm vergeben. Das Preisgeld von 75.000 Euro geht zu gleichen Teilen an den Regisseur und den Produzenten des ausgezeichneten Films. 2013 ging der Goldene Leopard an den katalanischen Regisseur Albert Serra. Er wurde für seinen Kinofilm "Historia de la meva mort" ("Die Geschichte meines Todes"), eine spanisch-französische Produktion, ausgezeichnet.
Hauptanziehungspunkt sind die öffentlichen Kinovorführungen auf der "Piazza Grande", einem von Restaurants und Luxusgeschäften umrahmten Reniassance-Marktplatz. Die Stadt am schweizerischen Lago Maggiore wird jedes Jahr wieder zum Touristenmagnet für Filmfreude aus aller Welt. Mehr als 8000 Zuschauer können in den Open-Air-Vorführungen zum Teil sogar internationale Weltpremieren neuer Kinofilm auf der Riesenleinwand sehen.
hm/ml (dpa/Festival Locarno)