Golden Globes: Fatih Akin gewinnt
8. Januar 2018Es ist die Eigenart der Oscar- und Golden-Globe-Abende, dass sie stets jeweils aktuelle politische oder gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen. Das war in der Vergangenheit so, als sich Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Bühne zu umstrittenen US-amerikanischen Kriegseinsätzen oder Rassismus äußerten. Und das war auch am Abend der 75. Golden-Globe-Gala so.
Der Fall Weinstein warf auch bei den Globes seine Schatten
Schließlich wurde Hollywood im vergangenen Jahr vom Skandal um den US-Produzenten Harvey Weinstein und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der vielfachen sexuellen Belästigung erschüttert. Damit setzte eine gesellschaftliche Debatte gewaltigen Ausmaßes ein. Viele Frauen meldeten sich und erhoben Anklage, missbraucht worden zu sein - von Harvey Weinstein und anderen Größen der Branche.
Und es blieb nicht bei der Filmbranche - auch in anderen Kultursparten begannen Diskussionen. Schließlich griff die Debatte auch auf andere Länder über. In Deutschland erhitzte zuletzt die Diskussion um den Regisseur Dieter Wedel die Gemüter.
Schon im Vorfeld der diesjährigen Golden Globes hatten zahlreiche Stars der Branche angekündigt, bei der Gala ein Zeichen setzen zu wollen. Man einigte sich schließlich darauf, ganz in Schwarz zu erscheinen. Das fiel bei den männlichen Gästen weit weniger ins Gewicht. Die kommen schließlich zu 99 Prozent immer im dunklen Anzug. Bei den Damen der Filmwelt hingegen war das Zeichen ein sehr sichtbares. Gerade Golden-Globe- und Oscar-Veranstaltungen sind ja sonst immer auch ein bunt-glänzendes Schaulaufen, bei dem die weiblichen Stars die farbigen Kleider ihrer bevorzugten Couturiers präsentieren.
Oprah Winfrey prangerte das Schweigen an
Diesmal also Schwarz. Es war die Farbe des Abends. Und manche der Ausgezeichneten und Laudatoren äußerten sich auch zum Thema. Am deutlichsten die Entertainerin Oprah Winfrey, die für ihre Lebensleistung einen Preis bekam. Sie verwies unter anderem darauf, dass in der Vergangenheit oft weggehört worden sei, wenn es darum ging sexuelle Übergriffe anzuprangern. In Zukunft soll das anders werden. Dazu könnten auch die Kampagnen #metoo und "Time's Up" beitragen.
Wenn man so will, dann könnte man auch ein paar Filme, die am Abend ausgezeichnet wurden, in diesen Zusammenhang stellen. Einer der beiden Hauptpreise ging an das Drama "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri". Er handelt von einer Mutter, die für Aufklärung sorgen will, weil ihre Tochter vergewaltigt und ermordet wurde. Die Polizei schaut weg - auch das prangert der Film an.
Auch der zweite Hauptpreis, der für den Film "Lady Bird" in der Kategorie "Komödie/Musical" vergeben wurde, zeigt die Geschichte der Selbstfindung einer jungen Frau. Die muss sich nicht zuletzt in einer Männerwelt durchsetzen.
Schließlich steht auch in dem deutschen Film "Aus dem Nichts" eine kämpferische Frau im Mittelpunkt der Erzählung. In dem aufwühlenden Drama von Regisseur Fatih Akin geht es um eine verzweifelte und später auch rachsüchtige Frau, die den Tod ihres Mannes und ihres Kindes überwinden muss. Auch wenn es in "Aus dem Nichts" in erster Linie um das Thema rechten Terror in Deutschland geht, so ist Akins Werk auch das Drama einer Frau, die sich gegen Gewalt und Vorurteile, gegen Ignoranz und Rassismus zur Wehr setzt.
Fatih Akin schlägt starke Konkurrenz
Der Golden Globe für den besten nicht-englischsprachigen Film könnte somit auch als Zeichen gedeutet werden. Zu rechnen war damit nicht, schließlich hatte Akin starke Konkurrenz. Unter anderem setzte sich "Aus dem Nichts" gegen die Siegerfilme der Festivals aus Cannes und Venedig durch. Der eine, "The Square", setzt sich mit den Auswüchsen der Kunstwelt auseinander, der andere, "Shape of Water", ist eine surreal angehauchte Filmgroteske, die in der Ära des Kalten Krieges spielt.
Da schien der in den USA akkreditieren Auslandspresse, die alljährlich die Golden Globes verleiht, die Thematik von Fatih Akins Film dringlicher. Und so setzte Hollywood am Abend der 75. Golden Globes wohl auch ein gesellschaftspolitisches Zeichen.