Bayer soll US-Kläger 80 Millionen Dollar zahlen
28. März 2019Das Bundesbezirksgericht in San Francisco befand, dass Bayer für die Entstehung der Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman verantwortlich sei. Bayer teilte umgehend mit, Berufung einzulegen. Das Urteil der Geschworenen in diesem Verfahren habe keinen Einfluss auf zukünftige Fälle - jedes zukünftige Verfahren sei gesondert zu betrachten auf der Basis der jeweiligen Umstände und rechtlichen Bedingungen.
Die Jury war in einer ersten Phase des Prozesses in der vergangenen Woche einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass das glyphosathaltige Mittel Roundup der Bayer-Tochter Monsanto einen "erheblichen Faktor" bei der Entstehung der Krebserkrankung des 70-jährigen Klägers Hardeman aus Kalifornien ausgemacht habe. Damit ging der Prozess vor den gleichen Geschworenen in eine zweite Phase, in der es um die Frage der Verantwortlichkeit des Konzerns und um eventuelle Schadenersatzansprüche ging.
Ein vorentscheidendes Urteil?
Für Bayer ist der Fall Hardeman hochbrisant, da es sich um einen richtungsweisenden "Bellwether Case" handelt. Das sind repräsentative Fälle, die bei Produkthaftungsklagen in den USA genutzt werden, um etwa die Schadensspanne und Möglichkeiten für einen Vergleich zu bestimmen. Er könnte die Richtung für mehr als 760 weitere bei dem Gericht in San Francisco anhängige Verfahren vorgeben. Insgesamt sind für dieses Jahr derzeit sieben Verfahren zur Verhandlung angesetzt.
Die Klagewelle gegen den Bayer-Konzern aus Leverkusen war so richtig ins Rollen gekommen, nachdem eine Geschworenenjury in Kalifornien dem Krebspatienten Dewayne Johnson in einem anderen Verfahren im August 2018 insgesamt 289 Millionen Dollar an Schmerzensgeld und Entschädigung zugesprochen hatte. Die Richterin senkte zwar die Strafe später auf gut 78 Millionen Dollar, im Grundsatz änderte sie am Urteil aber nichts. Bayer legte auch gegen diesen Entscheid Berufung ein.
An der Börse steht Bayer wegen der vielen Glyphosat-Klagen in den USA inzwischen massiv unter Druck. Anleger und Analysten fragen sich, ob die Leverkusener die Risiken des rund 63 Milliarden Dollar teuren Monsanto-Kaufs vom Sommer 2018 unterschätzt haben. Das jetzige Verfahren war erst der Anfang: Bis Ende Januar wurden Monsanto in den USA glyphosatbezogene Klagen von etwa 11.200 Klägern zugestellt. Am Donnerstag soll bereits ein weiterer Prozess bei einem Landgericht im kalifornischen Oakland starten. Die Bayer-Aktie verliert seit Monaten an Wert. Stand sie im Juni 2017 noch bei 124 Euro, mittlerweile ist das Papier nur noch 55 Euro wert. Somit wurden rund 60 Milliarden Euro an Kapital vernichtet. Analysten sind der Ansicht, das im derzeitigen Preis bereits Entschädigungszahlungen zwischen 20 und 25 Milliarden Euro eingepreist sind.
Gesundheitsgefährdung umstritten
Monsanto verkauft Roundup seit mehr als 40 Jahren auf der ganzen Welt und führt ins Feld, das Mittel sei bei sachgemäßer Anwendung ungefährlich. Der Kläger im aktuellen Verfahren ist hingegen der Ansicht, die Firma habe die von ihrem Herbizid ausgehenden Gesundheitsgefahren verschleiert.
In der Forschung ist die Frage, ob die in Roundup enthaltene Chemikalie Glyphosat eine krebsauslösende Wirkung hat, allerdings umstritten. Die US-Umweltbehörde EPA und auch die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland gelangten zu dem Schluss, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgeht. Dagegen konstatierte die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) vor drei Jahren, dass Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend bei Menschen" sei.
kle/cvo (rtr, dpa, afp, DW)