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Globales Plastikabkommen bis 2024 - worum geht es?

Beatrice Christofaro
28. November 2022

In Uruguay beginnen diese Woche Gespräche über ein internationales Plastikabkommen. Bis 2024 soll es Lösungen zum Umgang mit Plastik geben - und zum Umgang mit seinen Folgen. Worüber wird verhandelt?

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Arbeiter sortieren gebrauchte Plastikflaschen in einer Recyclingfabrik in Noakhali, Bangladesch
Unsere Welt ist voller Plastik - und voller PlastikmüllBild: Joy Saha/ZUMA Wire/IMAGO

Plastik bestimmt unser Leben: In Verpackungen, in Kleidern und Haushaltsgeräten - wir finden es in fast allen Produkten unseres Konsums. Ein globales Abkommen zur Eindämmung von Verschmutzung durch Plastikmüll könnte das ändern. Anfang dieses Jahres haben die Staats- und Regierungschefs der Welt auf der Umweltkonferenz in Kenia einstimmig dafür gestimmt, bis 2024 an einem rechtsverbindlichen Abkommen über Plastik zusammenzuarbeiten.

"Dies ist das bedeutendste multilaterale Umweltabkommen seit dem Pariser Klimaabkommen. Es ist eine Versicherungspolice für diese und zukünftige Generationen, damit sie mit Plastik leben können und nicht daran zugrunde gehen", sagte Inger Andersen, Leiterin des UN-Umweltprogramms nach der Entscheidung.

Infografik Lebenszyklus Plastik Recycling

Nun trifft sich diese Woche ein Verhandlungsausschuss mit UN-Delegierten, Experten und Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Uruguay, um Lösungen zu suchen. Was sollte verändert werden bei der Produktion, beim Design und bei der Entsorgung von Kunststoffen?

Wie groß ist unser Plastikproblem?

Trotz vieler Statistiken über die weltweite Plastikproduktion gibt es nur wenig belastbare Zahlen, denn es gibt keine internationalen Vorschriften für die Industrie, ihre Produktionsmengen zu melden.

Doch das Ausmaß der Krise ist klar. Die Heinrich-Böll-Stiftung schätzt, dass zwischen 1950 und 2015 weltweit 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert wurden. Das sind mehr Tonnen als heute Menschen auf der Welt leben. Das meiste Plastik wurde für Einwegprodukte und Verpackungen produziert.

Weniger als zehn Prozent der gesamten Plastikmenge wurden bisher recycelt. Der restliche Plastikmüll wurde verbrannt, auf Deponien entsorgt, oder in die Natur geworfen, wo Tiere daran ersticken oder sich verheddern können.

Das große Problem: Plastik verschwindet nie wirklich. Es verbleibt in unserem Ökosystemen und zerfällt nur in immer kleinere Fragmente, die sich überall auf der Welt verbreiten. Mikroplastik gibt es inzwischen in unserem Trinkwasser, in der Luft, in Böden, Lebensmitteln und folglich auch in unseren Körpern. Unklar ist wie groß die Gefahren für unsere Gesundheit sind.

Infografik So gelangt Plastik in unseren Körper Trinkwasser, Luft, Nahrung

Doch trotz dieser Fakten gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Plastikproduktion verlangsamt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet, dass der weltweite Plastikverbrauch von 460 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf 1,2 Milliarden Tonnen im Jahr 2060 steigen wird, wenn sich nichts ändert.

Ein großes Interesse an einer weiterwachsenden Produktion von Plastik hat zum einen die Chemiebranche und zum anderen die Öl- und Gasindustrie. Denn für die meisten Kunststoffe werden Erdöl und Erdgas als Rohstoffe genutzt. Zwölf Prozent des 2018 geförderten Öls wurden laut Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) für die Produktion von Plastik verwendet.

Warum brauchen wir ein globales Plastikabkommen?

Laut Umweltexperten braucht es globale Standards, um gegen die weltweite Plastikverschmutzung anzugehen. Derzeit aber ist die Gesetzgebung von Land zu Land unterschiedlich - und ihr Einfluss auf die Eindämmung der Verschmutzung ebenso. Viele Gesetze zielen auf Kunststoffe ab, die aus nicht recycelbarem Material bestehen oder schnell entsorgt werden sollen.

Elefanten fressen Plastik auf der Mülldeponie in Pallakkadu, Sri Lanka
Plastik statt Blätter: Gelangt Plastik in die Natur, wird es von vielen Tieren gefressen - oft verenden sie qualvoll daran Bild: Achala Pussalla/AP Photo/picture alliance

Die Europäische Union hat Einweg-Plastikprodukte wie Wattestäbchen, Teller oder Besteck verboten. Neuseeland erlaubt zusätzlich keine Lebensmittelverpackungen aus Polystyrol und PVC mehr. Bangladesch, Kenia und eine Reihe anderer afrikanischer Länder haben Plastiktüten verboten.

Andere große Plastiknutzer, wie etwa die USA, aber haben keine Gesetze, um die Verwendung von Einwegkunststoffen zu regeln. Doch der Abfall hat internationale Folgen: durch die Luft, übers Meer und durch Exporte gelangt er in die Ökosysteme anderer Nationen.

"Im Moment haben wir einen echten Flickenteppich an Rechtsvorschriften", sagt Christina Dixon von der britischen Umweltschutzorganisation Environmental Investigation Agency. "Aber Plastik überschreitet nationale Grenzen - als Material und als Schadstoff. Es ist unglaublich schwierig, etwas zu verwalten, das durch die Luft, Meeresströmungen und durch den Handel fließt."

Was muss gegen den Plastikmüll passieren?

Plastikmüll wird oft als ein Problem der Abfallwirtschaft dargestellt. Experten betonen jedoch, dass wir uns mit der Ursache des Problems befassen müssen. "Man kann die Plastikverschmutzung nicht bewältigen, ohne sich mit der Plastikproduktion auseinanderzusetzen", sagt Dixon.

Da die Produktion von Neuplastik stark ansteigt, drängen die Aktivisten darauf, dass das globale Abkommen Verbote und Beschränkungen für Neuplastik enthält. Das bedeutet, dass die Wirtschaft ihren Plastikverbrauch überdenken, und der Reduzierung und Vermeidung von Plastikmüll Vorrang vor dem Recycling oder der Entsorgung einräumen müsste. 

Damit dies geschehen kann, müssten jedoch bessere Daten vorliegen, fordert Umweltschützerin Dixon. Sie wünscht sich, dass in den Verhandlungen ein globalen Standard entwickelt wird, nach dem die Verkäufer angeben müssen, wie viel Plastik sie produzieren, woher sie das dafür benötigte Erdöl und Erdgas beziehen, und und aus welchen Materialien ihr Plastik zusammengesetzt ist.

"Wenn wir die Meldepflicht als gesetzliche Mindestverpflichtung haben, können wir Beschränkungen für bestimmte Arten problematischer Kunststoffe festlegen sowie Ziele für die Begrenzung und schrittweise Reduzierung der Produktion setzen", so Dixon. "Ohne die Meldepflicht ist das Abkommen wirklich zum Scheitern verurteilt".

Das kriminelle Abfallhandelsnetz

Dixon hofft auch, dass im geplanten Plastikabkommen ein Fonds eingerichtet wird, um Entwicklungsländern zu helfen, sich von Plastik zu lösen. Den meisten Plastikabfall pro Kopf erzeugen laut einer im Fachmagazin Science Advances veröffentlichten Studie die Industrieländer - wie die USA oder Großbritannien. Doch die Auswirkungen ihres Plastikmülls sind auf der ganzen Welt zu spüren.

Der Ausschuss zur Entwicklung des Plastikabkommens hat nur zwei Jahre Zeit, um über die Fakten und Maßnahmen zu entscheiden. Der knappe Zeitrahmen zeige die Dringlichkeit des Problems, erschwere aber auch die Rahmenbedingungen, betont Dixon. "Sie müssen ein Gleichgewicht zwischen schnellem Handeln und der Entwicklung eines wirklich robusten Instruments finden, das über Jahre hinweg effektiv sein muss."

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert von Gero Rueter.