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Überschattet vom Klimawandel

Klaus Esterluss11. August 2016

Der Klimawandel ist eine allgegenwärtige Bedrohung für die Arten der Welt. Untersuchungen australischer Forscher zeigen allerdings, dass altbekannte Feinde des Artenschutzes nicht vergessen werden sollten.

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Bolivia See Poopo
Bild: picture-alliance/dpa/D. la Patria

Bilder des Klimawandels sind immer eindrücklich: Mal erscheint er in Form von schmelzenden Eismassen, mal als reißender Fluss oder lang anhaltende Dürre. Die Auswirkungen sind immer gewaltig, bildstark. Sie wirken nach, egal wie sich das Klima verändert. Weil das so ist, steht der Klimawandel oft im Mittelpunkt der Berichterstattung. Weil das so ist, rücken andere, für die Vielfalt der Arten ebenfalls bedrohliche Gefahren in den Hintergrund. Unwichtig sind sie deshalb nicht.

Wissenschaftler der University of Queensland in Brisbane (Australien) fordern jetzt in einem Beitrag im Fachmagazin "Nature", sich auch auf diese Gefahren zu konzentrieren. Zu ihnen gehört der Raubbau an Ressourcen, aber auch die Landwirtschaft und Urbanisierung. Sollte das nicht passieren, würden Prioritäten im Artenschutz falsch gesetzt, fürchten die Wissenschaftler.

Im Schatten des Klimawandels

Insgesamt haben sie knapp 8700 Arten analysiert, die bereits auf der Roten Liste bedrohter Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN) stehen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass 72 Prozent dieser Arten bedroht sind, weil Menschen, insbesondere in Industrienationen, die Ressourcen des Planeten über Gebühr ausbeuten.

Waldrodungen seien ein Beispiel dafür. Allein 4000 der untersuchten Arten seien davon direkt oder indirekt betroffen, etwa der Tropenvogel Borneowolltimalie, die indische Nikobaren-Spitzmaus oder die Stumpfnasenaffen aus Myanmar, schreiben die Forscher in ihrem Beitrag.

Der übermäßige Verbrauch von Ressourcen wird seit 1987 eindrücklich vom Global Footprint Network als 'Welterschöpfungstag' aufgezeigt. Damit markiert die Organisation den Tag des jeweiligen Jahres, an dem die Menschheit alle Ressourcen, die ihr für das Jahr zur Verfügung stehen, ausgeschöpft hat. War das 1987 noch der 19. Dezember des Jahres, wurde 2016 der Scheitelpunkt bereits am 08. August erreicht.

Der zweite bedeutende Faktor auf der Liste der Forscher ist die Landwirtschaft. Auch sie dürfe über den Klimawandel nicht vergessen werden. 62 Prozent der untersuchten Red-List-Arten seien direkt von der Landwirtschaft betroffen, weil ihr Lebensraum durch neue Ackerflächen verschwinde. Allein der Anbau von Getreide hat demnach Auswirkungen auf 4600 Arten, darunter die Fresno-Kängururatte und der Afrikanische Wildhund. Knapp 2,5 Milliarden Tonnen Getreide werden im Jahr geerntet. Nicht einmal die Hälfte davon wird gegessen, sondern wird zu Tierfutter oder Kraftstoff verarbeitet.

Als dritte der unterschätzen Gefahren für die Artenvielfalt sehen die Forscher die fortschreitende Urbanisierung. Auch hier verlieren Arten ihren angestammten Lebensraum. Auch wenn urbane Lebensräume, also Städte, eine Sonderrolle gegenüber der Landwirtschaft und der Ressourcennutzung einnehmen. Laut einer Studie der Universität Kopenhagen werden Arten durch Urbanisierung nicht immer verdrängt - manche finden auch neue ökologische Nischen.

Grundsätzlich, so die Forscher, spielten bei den meisten untersuchten Arten mehrere Gefährdungsfaktoren eine Rolle. Wichtig sei es aber vor allem, sich beim Naturschutz nicht ausschließlich auf das Thema Klimawandel zu konzentrieren. Dieser könne zwar in Zukunft eine große Gefahr für die Artenvielfalt sein, die sogenannten 'alten Feinde' dürften aber nicht ignoriert werden.

ke (dpa)

Shenzhen steigt in das rasche Wirtschaftswachstum
Urbanisierung raubt Arten den Lebensraum, sorgt aber auch für Entwicklung.Bild: picture alliance / dpa