Gladbach kann keine Tore mehr schießen
10. März 2018Die Ratlosigkeit stand Vincenzo Grifo nach der Niederlage in Leverkusen ins Gesicht geschrieben. Der Offensivspieler von Borussia Mönchengladbach schien dieses 0:2 (0:1) noch innerlich verarbeiten zu müssen. Es war ein Ergebnis, dass die Elf vom Niederrhein ernüchterte und wieder ein Stück vom Saisonziel entfernte, der Teilnahme am internationalen Wettbewerb. "Wir hatten drei bis vier gute Kontermöglichkeiten, die haben wir aber nicht gut zu Ende gespielt", sagte der 24-Jährige.
Wenigstens ein paar gute Ansätze hatte Grifo im Spiel seiner Mannschaft erkennen können. Das war es aber dann aber auch schon. Er selbst hatte in der sechsten Spielminute den ersten, völlig ungefährlichen Torschuss der Gladbacher abgegeben. Der nächste Versuch folgte dann sage und schreibe 62 Minuten später. Ebenfalls völlig ungefährlich. Dieses Mal von Lars Stindl. Die einzige reale Torchance der Gladbacher hatte der kurz zuvor eingewechselte Josip Drmic (81.), der völlig freistehend einen Kopfball aus sieben Metern deutlich neben das Leverkusener Tor setzte.
Nicht die richtigen Entscheidungen
Es war fast schon bemitleidenswert, wie schwer sich die Gladbacher damit taten, Torchancen gegen insgesamt starke Leverkusener zu kreieren. "Wir probieren alles im Training, machen es da auch gut. Aber es fehlt im Spiel der Punch", sagte Grifo kopfschüttelnd, als könne er selbst nicht glauben, wie treffend seine Analyse war. Auch Grifos Kollege Stindl wollte nicht um die aktuelle Gladbacher Problematik herumreden. "Wir tun uns sehr schwer, im letzten Drittel die richtigen Entscheidungen zu treffen, um dann das Spiel in die richtige Richtung zu drehen", sagte der 29-Jährige.
Die Klagen über diese Problematik halten allerdings schon länger an bei den Gladbachern. Gerade einmal 33 Tore in 26 Bundesligapartien sind ein unterdurchschnittlicher Wert. Vor allem deshalb, weil die Gladbacher bereits 39 Gegentreffer hinnehmen mussten. Diese Offensivschwäche lässt sich gleich an mehreren Spielern festmachen: Torgan Hazard wirkt bereits seit mehreren Wochen eher wie ein Fremdkörper im Gladbacher Spiel, Lars Stindl hat seine Spielintelligenz und vor allem seine Torgefahr irgendwo in dieser Saison verloren und wirkt in jedem Spiel, als sei er auf einer eher sinnlosen Suche danach.
Abhängigkeit von Raffael
"Bei Torgan und Lars läuft es gerade nicht so gut. Wir müssen es einfach besser machen", sagte Gladbachs sichtlich geknickter Trainer Dieter Hecking. "Wenn man allerdings über Monate Verletzte hat, dann wird es natürlich schwierig." Dabei dürfte Hecking neben der übrigen Verletzungsproblematik vor allem an einen Spieler gedacht haben, der bei den Gladbachern noch immer unverzichtbar ist - der aber bereits seit mehreren Wochen fehlt. Die Abhängigkeit der Borussia von den außergewöhnlichen Fußballkünsten des brasilianischen Spielmacher Raffael ist groß, womöglich sogar viel zu groß. Dass mit Abwehrchef Jannik Vestergard und Grifo womöglich weitere zwei angeschlagene Spieler nach dem Leverkusen-Spiel für die kommende Begegnung gegen 1899 Hoffenheim verletzungsbedingt ausfallen werden, ließ Hecking noch grimmiger dreinschauen, als er es in den vergangenen Tagen ohnehin schon getan hatte.
Stimmung kippt
Die Gladbacher scheinen den Glauben an ihre eigenen Stärke nicht mehr wiederzufinden. Das schnelle Passspiel, die technischen Feinheiten, diese besondere spielerische Qualität der vergangenen Jahre, all das ist verschwunden. "Wir haben schon vor der Saison gesagt, dass alles perfekt laufen muss, wollen wir unsere Ziele erreichen", sagte Hecking. Gegen Bayer 04 hatten die Mönchengladbacher nur 44 Prozent der Zweikämpfe gewonnen. Die mitgereisten Fans hatten ihrem Unmut Luft gemacht und nach Abpfiff gerufen: "Wir wollen euch kämpfen sehen." Die Stimmung kippt so langsam bei den Gladbachern.
Und doch gab es von außen betrachtet einen positiven Aspekt, den die Gladbacher mit auf den kurzen Heimweg nehmen konnten. Und der hatte viel mit der Heckingschen Spielanalyse zu tun. "Hätten wir hier noch einen Punkt geholt, dann wäre das unverdient gewesen", sagte der Gladbacher Trainer. Die Borussen sind weit davon entfernt, sich ihre Lage schöner zu reden, als sie ist. Das könnte der erste Schritt in eine bessere Zukunft sein.