Giffey macht in Berlin das Rennen
27. September 2021Nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin hat sich SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey für eine gemeinsame Regierungsbildung mit den deutlich erstarkten Grünen ausgesprochen. Es gebe "ein klares Votum für SPD und Grüne - damit müssen wir umgehen", sagte die frühere Bundesfamilienministerin.
Laut dem vorläufigen Endergebnis der Landeswahlleitung hat die SPD nach Auszählung aller Stimmbezirke die Abgeordnetenhauswahl klar mit 21,4 Prozent (- 0,2) vor den Grünen gewonnen, nachdem es zwischenzeitlich anders ausgesehen hatte. Die Grünen kamen auf 18,9 Prozent (+ 3,7).
Drittstärkste Kraft wurde die CDU mit 18,1 Prozent (+ 0,5), gefolgt von den Linken mit 14,0 (- 1,6) und der FDP mit 7,2 Prozent (+ 0,5). Die AfD verbuchte 8,0 Prozent der Stimmen (- 6,2).
Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch bekräftigte am Wahlabend, dass sie die bisherige Koalition von SPD, Linken und Grünen fortsetzen wolle, "am liebsten unter grüner Führung".
Doch Jaraschs Wunsch wird sich nicht erfüllen. Nachfolgerin des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) dürfte dessen Parteifreundin Giffey werden. Müller selbst trat nicht wieder zur Abgeordnetenhauswahl an, er kandidierte für den Bundestag.
Rechnerisch wären auch eine "Ampelkoalition" aus SPD, Grünen und FDP oder eine "Keniakoalition" aus SPD, CDU und Grünen denkbar.
Viele Abstimmungen
Gleich vier Entscheidungen durften die Wählerinnen und Wähler in Berlin treffen - so viele wie noch nie an einem Tag. Neben der Bundestagswahl und der Wahl zum Abgeordnetenhaus wurden zwölf Bezirksparlamente neu gewählt.
Außerdem stimmten sie in einem Volksentscheid darüber ab, dass große Wohnungskonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet werden sollen. Laut Landeswahlleitung votierten 56,4 Prozent der Wählenden dafür. Jetzt ist der Berliner Senat dazu aufgefordert, "alle Maßnahmen einzuleiten", die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind, und ein Gesetz zu erarbeiten. Das Votum ist für die Politik aber rechtlich nicht bindend.
Superwahltag mit Hindernissen
Der Wahltag in Berlin war geprägt von Pannen und Verzögerungen. Vor den Wahllokalen in der ganzen Stadt bildeten sich lange Schlangen: Teilweise mussten Wählerinnen und Wähler mehr als zwei Stunden warten, um ihre Kreuze zu machen. Grund dafür waren die ungewöhnlich vielen und langen Stimmzettel und die coronabedingten Hygiene-Maßnahmen. Zudem waren zahlreiche Wahlhelfer abgesprungen, die durch Nachrücker ersetzt werden mussten.
In einigen Wahllokalen wurden Stimmzettel für die Abgeordnetenhauswahl aus den unterschiedlichen Bezirken vertauscht. Bis das Problem gelöst war, mussten die Wahllokale zeitweise schließen, was die Wahl weiter verzögerte. Zudem mussten einige Stimmabgaben auf falschen Stimmzetteln für ungültig erklärt werden.
wa/qu (dpa, afp, rtr)