Ghani kündigt Gefangenenaustausch an
12. November 2019Der prominenteste unter den drei Taliban ist Anas Hakkani, der jüngere Bruder des Anführers des Hakkani-Netzwerkes und Vize-Chefs der Taliban, Siradschuddin Hakkani. Die beiden anderen seien Haji Mali Khan und Hafiz Rashid, sagte der afghanische Staatschef Aschraf Ghani in einer Pressekonferenz in Kabul. Bedingung sei, dass die Taliban ihrerseits zwei Professoren freilassen, die an der Amerikanischen Universität in Kabul tätig waren. Die Taliban hatten den US-Amerikaner Kevin King und seinen australischen Kollege Timothy Weekes im August 2016 in Kabul verschleppt. Die Taliban haben sich zu dem angekündigten Gefangenenaustausch noch nicht geäußert.
Dem Hakkani-Netzwerk werden einige der grausamsten Anschläge in Afghanistan zur Last gelegt. Nach Angaben aus deutschen Sicherheitskreisen stand die Extremistenorganisation hinter dem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai 2017. Damals waren mindestens 90 Menschen getötet und mehrere Hundert verletzt worden.
Ist King schwer erkrankt?
Die Amerikanische Universität in Afghanistan (AUAF) hatte mehrfach die Freilassung der beiden Professoren gefordert. Immer wieder gab es Berichte, King sei gesundheitlich schwer angeschlagen. Die AUAF erklärte am Dienstag, die jüngsten Nachrichten seien "ermutigend".
Präsident Ghani sagte weiter, die drei Taliban-Mitglieder seien im Ausland festgenommen worden. Das Trio saß zuletzt auf der Luftwaffenbasis Bagram bei Kabul hinter Gittern. Früher hatte der afghanische Geheimdienst mitgeteilt, Anas Hakkani sei im Oktober 2014 bei einem Einsatz in der östlichen Provinz Chost festgenommen worden. Davor soll er sich vor allem um die Finanzierung der Aktivitäten des Hakkani-Netzwerks gekümmert und Gelder aus den Golfstaaten besorgt haben. Im Februar hatten die Taliban Anas Hakkani auf die Liste ihrer Verhandlungsdelegation für die Gespräche mit US-Vertretern über Wege zum Frieden gesetzt. Sie gaben an, Anas sei ein wichtiges Mitglied des Verhandlungsteams und solle daher sofort freigelassen werden.
"Wichtige Entscheidung"
Ghani sprach von einer "schwierigen, aber wichtigen" Entscheidung. Mit dieser wolle man auch den Weg für persönliche und direkte Gespräche mit den Taliban ebnen, um Frieden und Stabilität zu erreichen. Bisher hatten sich die Taliban geweigert, direkte Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung aufzunehmen, die sie als "Marionette" des Westens betrachten.
Nach Ansicht von Beobachtern könnten die Freilassungen dazu beitragen, die im September in Katar abgebrochenen Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban wiederzubeleben. US-Präsident Donald Trump hatte im September kurz vor einer in Aussicht gestellten Einigung die Gespräche mit den Taliban für "tot" erklärt. Unmittelbarer Auslöser war ein Anschlag in Kabul, bei dem ein US-Soldat starb. Ende Oktober war der US-Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, erneut für mehrtägige Sondierungen in Afghanistan und Pakistan.
Das Hakkani-Netzwerk versucht Beobachtern zufolge, eine eigene Identität innerhalb der afghanischen Taliban aufrecht zu erhalten. Es gilt aber mittlerweile als integraler Teil der Islamisten. In den 1980er Jahren half das Netzwerk dem US-Geheimdienst CIA, die Sowjets aus Afghanistan zu vertreiben. In jener Zeit entstanden auch enge Verbindungen mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI.
Hat Pakistan vermittelt?
Die aktuelle Ankündigung Ghanis fällt zeitlich eng zusammen mit einem Besuch des Chefs des pakistanischen Geheimdienstes, Faiz Hameed, in Kabul. Ein Sprecher des afghanischen Nationalen Sicherheitsrats bestätigte ein Treffen des nationalen Sicherheitsberaters, Hamdullah Mohib, mit Hameed am Montag auf Twitter. Bei den Gesprächen soll es um eine Normalisierung der afghanisch-pakistanischen Beziehungen gegangen sein.
kle/se (dpa, ape, rtre, afpe)