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Politik

Steinmeier: Wie Ghana den Unterschied macht

12. Dezember 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wählte Ghana und Gambia als erste Stationen seines Afrikabesuchs. Beide Länder schlossen am Dienstag eine „Reformpartnerschaft“, wie Claus Stäcker aus Accra berichtet.

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Ghana - Bundespräsident Steinmeier
Bild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Salutschüsse und militärische Ehren - zwei Präsidenten, die sich seit über zehn Jahren auf verschiedenen Ebenen begegnen und sich als enge Freunde bezeichnen. In keinem anderen Land in Afrika genießt Deutschland ein so hohes Ansehen. Einer BBC-Umfrage zufolge ist Deutschland in Ghana das beliebteste Land der Welt. Ein Land, das aber laut Bundespräsident Frank Walter Steinmeier nach vier friedlichen Machtwechseln und klarem Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie auch den stabilsten Investitionsrahmen bietet, den man in Afrika finden kann.

Die vereinbarte Reformpartnerschaft, so Steinmeier, sei ein Zeichen des Respekts dafür, „was hier in Ghana in den letzten Jahren auf den Weg gekommen ist und was Ghana im Unterschied zu anderen afrikanischen Staaten derzeitig positiv auszeichnet." Es ist nach Tunesien und Côte d'Ivoire erst die dritte Reformpartnerschaft auf dem Nachbarkontinent, die Deutschland eingeht. Sie erwuchs als bilaterale Variante aus dem sogenannten „Compact with Africa"-Programm der deutschen G20-Präsidentschaft und umfasst Wirtschaftsfördermaßnahmen vor allem in den Bereichen erneuerbare Energie und Infrastruktur. Der Gesamtrahmen liegt bei 100 Millionen Euro, zu 85 Prozent zinsgünstige Kredite.

Unternehmer suchen Finanzierungsmodelle

Für Unternehmer wie Heidar Said, der mit seiner Firma aus Abwasser Biogas zur Stromerzeugung gewinnt, ist das der richtige Ansatz. Ghana brauche diese Investitionen und Finanzierungsmöglichkeiten mit deutschen Partnern, denn bei den örtlichen Banken lägen die Zinsraten für Kredite bei 30 bis 40 Prozent, klagt er: „Ich kenne kein einziges kleines oder mittelständisches Unternehmen, das sich solche Bankkredite leisten könnte".

Bundespräsident Steinmeier in Ghana
Auf Staatsbesuch in Ghana: Frank-Walter Steinmeier im Land der DeutschlandfreundeBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Die Erwartungen sind also groß, zumal in der Delegation aus Berlin 18 teils hochkarätige Unternehmer vertreten sind. Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo hat kürzlich viel Aufsehen erregt, als er beim Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sein Konzept „Ghana beyond Aid - Ghana jenseits der Entwicklungshilfe" - erläuterte: Statt zu betteln und dauerhaft den europäischen Steuerzahlern auf der Tasche zu liegen, wolle er echte Partnerschaften, von denen beide Seite profitierten. Immerhin habe Ghana nicht nur Gold, Kakao und Öl zu bieten, sondern auch potenzielle Arbeitskräfte, die dringend Jobs suchten - ein Kernanliegen seiner Regierung, betonte Akufo-Addo gegenüber Steinmeier. „Bildung ist eine unserer Prioritäten. Wir investieren einen erheblichen Anteil unserer öffentlichen Investitionen in Bildung, weil wir die Kapazität und Kompetenz unserer Arbeitskräfte deutlich erhöhen wollen." 

Erfolgsrezept: Mittelstand, Berufsbildung, Technologie

Reformpartnerschaft mit Ghana

Drei Säulen hat Ghanas Präsident für den Erfolg der deutschen Wirtschaft ausgemacht, die „sehr relevant" seien für Ghana:  Ein starker Mittelstand, exzellente Technologie, gerade im Bereich erneuerbarer Energien, und eine hervorragende Berufsausbildung, „vielleicht die beste der Welt".  Das duale System aus staatlichen und Firmenanteilen an der Lehrausbildung macht in Ghana bei der VW-Tochter Scania bereits Schule. Akufo-Addos Regierung, da sind sich die Reiseteilnehmer schnell einig, hat in seiner einjährigen Amtszeit bereits für eine deutliche Erleichterung der Investitionsbedingungen gesorgt.

In jedem der 216 Distrikte soll eine Fabrik entstehen, angeblich haben 100 schon die Ausschreibungsbedingungen erfüllt. Seine Abkehr von der Entwicklungshilfe-Abhängigkeit kommt ebenfalls gut an bei den deutschen Gästen. Und auch die eigene, durchaus kritische Hauptstadtpresse in Ghana, scheint überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Charles Takyi Boadu von der Zeitung Daily Guide betont, dass es um Kooperationen zum beiderseitigen Vorteil gehen müsse. „Davon erwarte ich mehr in naher Zukunft - Kooperationen im Sinne von echter Unterstützung und keine weiteren Staatskredite." 

Nicht betteln, sondern kooperieren

Elton John Brobbey vom populären Nachrichtensender Joy News meint, Ghana und Deutschland müssten ihre Beziehungen neu definieren: „Es geht heute mehr um einen Technologie- und Know-How-Transfer - zum Beispiel bei der Infrastrukturentwicklung, bei der Deutschland Ghana meilenweit voraus ist". Und natürlich auch um Direktinvestitionen in die verarbeitende Industrie, plädiert Naana Ntiri, Reporterin von Peace FM. Ghana habe so viele Rohstoffe von Gold bis Kakao, die aber meist im Ausland verarbeitet und dann reimportiert würden. „Vielleicht sollten deutsche Investoren auch mal in unser Land, in unsere Gesellschaft investieren?" Bitter nötig wäre das, um 20 Millionen jungen Ghanaern eine Bleibeperspektive zu schaffen.

Ghana - Bundespräsident Steinmeier
Mehr Kooperation, weniger Staatskredite. Bild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Die Rahmenbedingungen scheinen günstig zu sein, die vereinbarte Reformpartnerschaft ein wichtiger Schritt und die solide Freundschaft zwischen beiden Ländern eine echte Hilfe. Die deutsche Wirtschaftsdelegation scheint jedenfalls gut gelaunt. Aber sie ist nicht die einzige, die in diesen Tagen in Ghana herzlich willkommen geheißen wird. Gerade haben die Vereinigten Arabischen Emirate Investitionen in Höhe von 3 Milliarden Dollar in Ghana angekündigt. Und das chinesische Handelsvolumen mit dem westafrikanischen Musterland entspricht dem Fünffachen Deutschlands.