Gewalt überschattet Unabhängigkeitsfeiern
19. August 2019Präsident Aschraf Ghani sagte in einer kurzen Rede im neu renovierten Königspalast in Kabul, der "Feind" habe die Feierlichkeiten verschoben, indem er das Blut von Zivilisten vergossen habe. Über die Unabhängigkeit wolle er nun nicht sprechen.
Am Samstagabend hatte sich ein Selbstmordattentäter inmitten einer Hochzeitsgesellschaft mit rund 1.200 Gästen in die Luft gesprengt: Mindestens 63 Menschen wurden getötet, mehr als 180 verwundet. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte die Tat für sich. Ghani erklärte, es sei das Ziel der Regierung, IS-Verstecke im Land zu vernichten. "Wir werden uns für jeden Tropfen Blut von Zivilisten rächen", sagte Ghani laut dem afghanischen TV-Sender "Tolo News".
Auch am 100. Jahrestag der Unabhängigkeit selbst kam es zu Anschlägen. In der ostafghanischen Provinzhauptstadt Dschalalabad wurden nach offiziellen Angaben mindestens 66 Menschen verletzt, als zehn Sprengsätze in Restaurants und auf öffentlichen Plätzen detonierten. Weitere sechs Sprengsätze seien von Sicherheitskräften entschärft worden, hieß es aus dem Büro des Provinzgouverneurs. In der Region sind sowohl die radikalislamischen Taliban als auch der IS aktiv.
Detaillierte Vorbereitungen
In den vergangenen Wochen waren in der Hauptstadt Kabul und anderen großen Städten die Straßen in Vorbereitung der Feierlichkeiten festlich geschmückt worden. Als ein Höhepunkt der Feiern war nach dreijähriger Renovierung die Wiedereröffnung des Königspalastes, Darulaman Palace, geplant. Der zerschossene Königspalast - in den 1920er Jahren erbaut und vom deutschen Architekten Walter Harten entworfen - galt lange als Mahnmal der gewalttätigen Geschichte des Landes.
Die Briten haben drei Kriege geführt, um Afghanistan unter ihre Kontrolle zu bringen und so die Expansion des Zarenreiches nach Süden zu stoppen. Den Krieg 1839-42 verloren die Briten. Nach dem zweiten Krieg 1878-80 wurde Afghanistan von Großbritannien abhängig: London verantwortete die Außenpolitik, im Inneren blieb Afghanistan sich selbst überlassen.
König Amanullah erklärte bei seiner Thronbesteigung die völlige Unabhängigkeit Afghanistans von Großbritannien, was zu einem kurzen dritten Krieg (Mai-August 1919) führte. Die vom Ersten Weltkrieg geschwächte britisch-indische Armee konnte keinen entscheidenden Sieg erringen. Afghanistan wurde frei.
ust/kle (dpa, rtr, ap, epd)