Gesichter deutscher Armut
Wohnungsnot, Sparen beim Essen und kein Geld für die Kinder - in Deutschland ist statistisch gesehen fast jeder Dritte von Armut betroffen. Der Fotograf Shamsan Anders hat für die DW Facetten der Armut festgehalten.
Düstere Aussichten
Blick von der Grohner Düne: Die Hochhaussiedlung gilt als eines der sozial schwachen Viertel in Bremen. Der Stadtstaat hat statistisch gesehen das höchste Armutsrisiko in Deutschland. Mehr als jeder Fünfte hier ist von Armut bedroht. Als arm gilt in Deutschland, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat.
Die Vorbereitungen laufen
In Bremen gibt es drei Tafeln - Essensausgaben, die der Armut den Kampf angesagt haben. Zur Ausgabestelle Burg kommen täglich rund 125 Menschen. Alles, was der gemeinnützige Verein ausgibt, wurde vorher von Firmen, Bäckereien, Supermärkten oder Drogerien gespendet.
Bunte Vielfalt
Zu den Tafeln kommen Familien, Rentner, Migranten und Geflüchtete. "Bremen ist ein multikultureller Ort", sagt Hannelore Vogel, eine der Organisatoren. "Wir haben hier keine Spannungen. Bei der Tafel erleben wir eine Atmosphäre der Toleranz und der Dankbarkeit."
Fleißige Helfer
Viele ehrenamtliche Helfer wie der 80-jährige Rentner Werner Dose engagieren sich bei der Bremer Tafel. Daneben helfen auch 1-Euro-Jobber und Praktikanten bei der Essensausgabe.
Zerfall in Halle
In Halle ist der Leerstand im Stadtteil Halle-Neustadt nicht zu übersehen. Halle war zu DDR Zeiten sehr attraktiv. Mittlerweile beherrschen zerfallene Plattenbauten und leer stehenden Wohnungen das Stadtbild. Die Zahl der Arbeitslosen ist hoch und die Aussichten schlecht.
Nur das Nötigste
Im Sozialkaufhaus Halle werden sozial benachteiligten Menschen zum kleinen Preis Lebensmittel, Haushaltswaren, Kleidung und vieles mehr angeboten. Die Hauptzielgruppe des Ladens sind Kinder und alte Menschen in Not. Die Nachfrage ist groß - auch Halle gilt als eine der ärmsten Städte in Deutschland.
Alles für den Haushalt
Einrichtungen wie das Sozialkaufhaus werden immer gefragter. Verkauft werden Spenden - damit können die Miete und anfallende Rechnungen beglichen werden. "80 Prozent unserer Kunden sind Ausländer, viele von ihnen Flüchtlinge", sagt die Verkäuferin Gabi Croll. "Die Deutschen vermeiden es herzukommen, vermutlich aus Scham."
Wachsende Kinderarmut
Kein Sportverein, keine Geburtstagsfeier, keine Nachhilfe - mehr als zwei Millionen Kinder leiden unter Armut und beinahe eins von sieben benötigt staatliche Hilfe. In Halle-Neustadt ist die Kinderarmut besonders hoch. Die Familie von jedem dritten Kind dort erhält soziale Unterstützung.
Lieblingsspeise
In der Einrichtung Schnitte Ost werden etwa 50 Kinder zwischen sechs und 15 Jahren nach der Schule betreut. "Wir wollen die Kinder weg von der Straße und auf einen geraden Weg bringen", sagt Bettina Schaper, die Leiterin. Vielen mangele es bereits an einem warmen Essen. "Unsere Devise hier lautet: Es geht kein Kind hungrig nach Hause."
We are family
Die Nachfrage steigt laut Koordinatorin Bettina Schaper kontinuierlich. Der Hauptanteil seien Kinder von Geflüchteten. Neben der Versorgung mit kostenfreien Mahlzeiten erhalten die Kinder dort Hausaufgabenbetreuung und können mit Gleichaltrigen zusammenspielen und den Alltag meistern. Zähne putzen lernen gehört manchmal auch dazu.
Einsamkeit
In Berlin leben Schätzungen zufolge rund 6000 Menschen auf der Straße. Seit Jahren wächst die Anzahl Obdachloser in europäischen Großstädten. Etwa 60 Prozent der Wohnungslosen in Berlin sind Ausländer. Die meisten von ihnen kommen aus osteuropäischen Ländern.
Berliner Zukuftsträume
Jörg ist gelernter Baumaschinist und lebt seit sechs Jahren auf der Straße. Bei einem Unfall verlor er sein Bein. Er beklagt sich über die wachsende Zahl Obdachloser in Berlin. Die Konkurrenz untereinander sei dadurch gestiegen. Sein größter Traum sei es, eines Tages wieder Schlagzeug zu spielen, so der 38-Jährige. "Das hat mir immer richtig Spaß gemacht."