Gericht in Moskau schickt Terrorverdächtige in U-Haft
25. März 2024Mit deutlich sichtbaren Verletzungen sind vier mutmaßliche Attentäter des Terrorüberfalls auf die Crocus City Hall dem Haftrichter eines Gerichts in Moskau vorgeführt worden. Vermummte Sicherheitskräfte brachten die Angeklagten in Glaskäfige im Basmanny-Gericht in der russischen Hauptstadt. Einer von ihnen war offensichtlich nicht mehr in der Lage zu laufen und lag mit geschlossenen Augen festgeschnallt in einem Krankenstuhl.
Lebenslange Gefängnisstrafen
Die vier Männer seien des Terrorismus beschuldigt und müssten mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen, erklärte das Gericht. Zwei der Angeklagten bekannten sich schuldig, wie weiter mitgeteilt wurde. Einer von ihnen, ein gebürtiger Tadschike, habe "seine Schuld vollständig eingestanden".
Die nun bis zum 22. Mai festgelegte Untersuchungshaft kann bis zum Beginn des Prozesses gegen die Verdächtigen verlängert werden. Ein Datum für das Verfahren ist noch nicht festgelegt worden.
Maskierte und schwer bewaffnete Angreifer waren am Freitagabend in die voll besetzte Crocus City Hall im Moskauer Vorort Krasnogorsk eingedrungen und hatten das Feuer auf die Konzertbesucher eröffnet. 137 Menschen wurden nach jüngsten Angaben der Gesundheitsbehörden getötet, mehr als 180 Menschen wurden verletzt.
Die russischen Behörden nahmen insgesamt elf Menschen fest. Vier der Verdächtigen gelten als die eigentlichen Todesschützen - sie sind diejenigen, die dem Haftrichter vorgeführt wurden. Die vier Männer waren nach Angaben der Behörden im russischen Grenzgebiet Brjansk nahe der Ukraine festgenommen und nach Moskau gebracht worden.
Kurz nach dem Terrorüberfall übernahm die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) die Verantwortung. Der russische Staatschef Wladimir Putin stellte hingegen eine Verbindung zur Ukraine her, gegen die Russland seit mehr als zwei Jahren einen Angriffskrieg führt. Laut Putin wollten die mutmaßlichen Täter in die Ukraine flüchten, Beweise dafür legte er aber nicht vor. Die Regierung in Kiew weist jede Beteiligung an dem Anschlag zurück.
Faeser weist auf große Terrorgefahr auch in Deutschland hin
Die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte es glaubhaft, dass die als IS-Ableger bekannte Gruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK - auch ISIS-K abgekürzt) den Anschlag zu verantworten habe. Von dieser gehe derzeit auch für Deutschland die größte Gefahr aus, sagte Faeser der "Süddeutschen Zeitung". Die ISPK-Terrorgruppe hat ihren Ursprung in Afghanistan.
Erst am Dienstag hatte die Bundesanwaltschaft im Raum Gera im ostdeutschen Bundesland Thüringen zwei mutmaßliche Islamisten des IS-Ablegers festnehmen lassen. Sie sollen einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben. Auch die stark erhöhten Vorkehrungen der Sicherheitsbehörden in Köln rund um Weihnachten und Silvester hätten dem Schutz vor möglichen Anschlagsgefahren durch den "Islamischen Staat Provinz Khorasan" gegolten, sagte die Bundesinnenministerin.
Höchste Terrorwarnstufe in Frankreich
Mit Blick auf Russland sind auch die Sicherheitsbehörden in Frankreich alarmiert. Dort wurden in der Vergangenheit ebenfalls immer wieder islamistisch motivierte Anschläge verübt. Auch auf Frankreich laste eine Bedrohung, deshalb habe man die höchste Sicherheitsstufe verhängt, schrieb Premierminister Gabriel Attal im Onlinedienst X. Die Entscheidung sei nach dem von Präsident Emmanuel Macron am Sonntag im Élysée-Palast einberufenen Treffen des Verteidigungs- und Sicherheitsrats gefallen.
se/sti (dpa, rtr, afp, ap)
Redaktionsschluss 17.30 Uhr. Dieser Artikel wird nicht mehr aktualisiert.