Gericht billigt Ermittlungen gegen Bolsonaro
14. Januar 2023Der Oberste Richter des Obersten Gerichtshofs in Brasilien, Alexandre de Moraes, gab der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft statt, den rechtspopulistischen Politiker auf eine Liste von Verdächtigen zu setzen, gegen die wegen der Gewalt vergangenen Sonntag ermittelt werden soll. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft Jair Bolsonaro "Anstiftung und geistige Urheberschaft" vor.
Öffentlicher Aufruf zu einer Straftat
Ihm wird demnach vorgeworfen, am Dienstag - zwei Tage nach den Ausschreitungen - ein Video gepostet und kurze Zeit später wieder gelöscht zu haben, in dem er die Rechtmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen in Brasilien im Oktober infrage gestellt und damit öffentlich zu einer Straftat aufgerufen habe. Die Generalstaatsanwaltschaft argumentiert, auch wenn Bolsonaro das Video nach den Ausschreitungen veröffentlicht habe, rechtfertige dessen Inhalt "eine umfassende Untersuchung der Handlungen des Angeklagten vor und nach dem 8. Januar 2023".
Nach Ansicht des Obersten Richters de Moraes waren in sozialen Medien falsche Aussagen Bolsonaros wiederholt worden. Unter anderem sei demokratischen Institutionen ihre Legitimität abgesprochen worden. Dadurch seien Bolsonaro-Anhänger anstiftet worden, Repräsentanten dieser Institutionen anzugreifen und "schwerste Verbrechen gegen die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit" zu begehen - wie an jenem Sonntag. Bolsonaros Anwälte wiesen die Vorwürfe entschieden zurück.
Bolsonaros Nachfolger im Präsidentenamt, der linke Politiker Luiz Inacio Lula da Silva, macht den Rechtspopulisten für den Gewaltausbruch direkt verantwortlich und wirft ihm vor, seine Anhänger aufgestachelt zu haben.
Am vergangenen Sonntag waren Tausende Bolsonaro-Anhänger in der Hauptstadt in das Kongressgebäude, den Präsidentenpalast und den Sitz des Obersten Gerichts eingedrungen und hatten dort schwere Verwüstungen angerichtet. Erst nach Stunden war die Lage wieder unter Kontrolle. Dabei entlud sich ihr Zorn über den Wahlsieg Lulas, der sich in einer Stichwahl knapp gegen Bolsonaro durchgesetzt hatte und seit Jahresbeginn im Amt ist. Die Protestierenden erkennen den neu gewählten Präsidenten nicht an.
Auch Bolsonaro selbst hat seine Wahlniederlage offiziell nie eingestanden und war zwei Tage vor Ende seiner Amtszeit nach Florida geflogen. Nach der Entlassung von einem Krankenhausaufenthalt Anfang der Woche, wohin er wegen starker Bauchschmerzen gebracht worden war, peilt Bolsonaro vorgeblich eine Rückkehr aus den USA in sein Heimatland vor Ende Januar an.
Derweil ist im Haus des Bolsonaro-Vertrauten und ehemaligen Justizministers Anderson Torres ein Dokument gefunden worden, das Pläne für eine "Korrektur" des Wahlergebnisses enthält. Auch Torres hält sich in den USA auf.
qu/rb (dpa, afp, rtr, ap)