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Gericht beanstandet Löhne für Gefangene in Deutschland

20. Juni 2023

Häftlinge in Deutschland haben sich vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich gegen die Regelungen zur Entlohnung von Arbeit hinter Gittern gewandt.

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Blick in die Gefängniszelle mit einem Bett und einem Tisch
Das Bundesverfassungsgericht hat über die Entlohnung von Strafgefangenen entschiedenBild: Julian Stratenschulte/dpa/picture-alliance

Stundenlöhne von zwei Euro oder weniger für Gefangene in Deutschland sind verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Das Gericht gab damit zwei arbeitenden Häftlingen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen Recht, die gegen die Höhe ihrer Vergütung geklagt hatten. Die Vorschriften der beiden Länder seien mit dem Resozialisierungsgebot nicht vereinbar, entschied das Gericht. Die entsprechenden Gesetze müssen nun bis Mitte 2025 neu geregelt werden.

Arbeitspflicht, aber kein Mindestlohn

Die deutschen Bundesländer regeln die Fragen des Strafvollzugs selbst. In den meisten Ländern herrscht für die Gefangenen eine Arbeitspflicht. Sie soll der Resozialisierung dienen, so dass sie schrittweise wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Deshalb gilt für die Betroffenen auch kein Mindestlohn. Sie verdienen je nach Qualifikation zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro pro Stunde.

Das Verfassungsgericht habe das Gebot der Resozialisierung unter Rückgriff auf die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip entwickelt, sagte die Vorsitzende des Zweiten Senats, Doris König. Die Gesetzgeber müssten dafür ein schlüssiges und widerspruchsfreies Konzept entwickeln. 

Ein Mann arbeitet mit einer Schleifmaschine
Arbeitende Häftlinge in einer Justizvollzugsanstalt bekommen keinen MindestlohnBild: Uwe Anspach/dpa/picture-alliance

Wie viel Bezahlung den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge, hänge vor allem von den beabsichtigten Zwecken im Resozialisierungskonzept ab, sagte König. Diese müssten tatsächlich erreicht werden können. "Mit anderen Worten: Die Erreichung der gesetzlich festgelegten Zwecke darf angesichts der geringen Entlohnung von Gefangenenarbeit nicht unrealistisch sein." Dabei müsse auch berücksichtigt werden, wie die Häftlinge selbst die Vergütung wahrnehmen. Denn das Gefühl, in ihrer Tätigkeit nicht genügend wertgeschätzt zu werden, könne sich negativ auf die Resozialisierung auswirken.

Über die Höhe von Gefangenenvergütung hatten die Karlsruher Verfassungsrichterinnen und -richter schon einmal geurteilt. 1998 hatten sie beanstandet, dass sie zu niedrig sei. Danach wurde die Berechnungsgrundlage von fünf auf neun Prozent des durchschnittlichen Arbeitsentgelts von allen gesetzlich Rentenversicherten angehoben.

Gefangenengewerkschaft fordert mehr Geld

Schon vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Gefangenengewerkschaft mehr Geld für die Betroffenen gefordert. Das aktuelle System sei "Ausbeutung", sagte der Sprecher Manuel Matzke dem Bayerischen Rundfunk. Damit werde nur vermittelt, dass sich ehrliche Arbeit nicht auszahle. Häftlinge sollten stattdessen den Mindestlohn bekommen. Über Steuern sollten sie gleichzeitig an den hohen Haftkosten beteiligt werden. Derzeit nutze die Wirtschaft die Gefängnisse als "Sonderwirtschaftszone". 

cwo/fab (dpa, afp)