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NATO-Beitritt passé?

18. Februar 2010

Georgien hat die Präsidentenwahl in der Ukraine aufmerksam verfolgt. Denn der NATO-Beitritt beider Länder steht und fällt wahrscheinlich mit den Entscheidungen des neuen ukrainischen Präsidenten.

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Menschen bei einer Demonstration in Tiflis, Georgien halten die Flaggen der EU und der NATO in die Luft im September 2008 (Foto: AP)
Georgien strebt in die euroatlantischen StrukturenBild: AP

Georgien allein sei für die NATO weniger interessant als in einem Tandem mit der Ukraine, da ist sich der georgische Sicherheitsexperte Irakli Sesiaschwili sicher. Beide Länder sollten deshalb gemeinsam dem Bündnis beitreten. "Wenn der noch designierte ukrainische Präsident Janukowitsch eine NATO-Integration ablehnt, bekommt Georgien Probleme. Die Allianz hat selbst noch nicht entschieden, was sie mit unseren Ländern machen soll und ob für Georgien eine Integration im Alleingang möglich ist", erklärt der Experte.

Portrait von Irakli Sesiaschwili, der einen gemeinsamen NATO-Beitritt Georgiens und der Ukraine befürwortet (Foto: DW)
Irakli Sesiaschwili für einen gemeinsamen NATO-Beitritt Georgiens und der UkraineBild: DW

Die Chancen für einen NATO-Beitritt Georgiens hängen aber nicht nur von der Position der Ukraine ab. Dem Experten der georgischen Stiftung für strategische und internationale Beziehungen, Artschil Gegeschidse, zufolge stehen sie bereits seit dem georgisch-russischen Krieg im August 2008 schlecht. "Das Wichtigste sind günstige geopolitische Bedingungen für Georgien: Wenn Russland die Erweiterung der NATO nicht mehr als Bedrohung wahrnimmt, dann könnte man Georgien auch im Alleingang aufnehmen", meint Gegeschidse.

Keine Waffen mehr an Georgien?

Portrait von Archil Gegeschidse (Foto: DW)
Archil Gegeschidse: Janukowitsch wird auf Moskau Rücksicht nehmenBild: DW

Die ukrainische und georgische Führung mit Viktor Juschtschenko und Michail Saakaschwili an der Spitze seien in den vergangenen Jahren nicht nur in ihrem Wunsch eng verbunden gewesen, ihre Länder gemeinsam in die NATO zu führen, sondern sie hätten auch eng bei Waffenlieferungen zusammen gearbeitet. Gegeschidse glaubt, ein solches Einvernehmen in diesen Fragen werde es künftig nicht mehr geben.

Er geht davon aus, dass Janukowitsch, der eine Balance-Politik zwischen Russland und dem Westen angekündigt hat, die militärische Kooperation mit Tiflis nicht fortführen wird. Zwar wolle er Rücksicht darauf nehmen, dass Moskau ukrainische Militärhilfe in Georgien ablehne. Die künftigen diplomatischen Beziehungen zwischen Kiew und Tiflis würden davon aber nicht in Mitleidenschaft gezogen, betonte Gegeschidse.

Anerkennung Abchasiens und Südossetiens?

Nach dem Konflikt zwischen Russland und Georgien im August 2008 hatte Janukowitsch noch als Oppositionsführer erklärt, die Souveränität der selbsternannten Republiken Abchasien und Südossetien müsse anerkannt werden. Gegeschidse ist überzeugt, dass Janukowitsch als Präsident der Ukraine seine damaligen Äußerungen überdenken werde. Über diese Frage müsse rational unter Berücksichtigung ukrainischer nationaler Interessen entschieden werden. "Eine Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens steht nicht im Interesse der Ukraine, wenn man die Drohungen Russland bezüglich der Krim bedenkt", sagt Gegeschidse. Janukowitsch werde als Präsident eines demokratischen Staates internationales Recht achten.

Portrait von Soso Ziskarischwili (Foto: DW)
Soso Ziskarischwili warnt vor voreiligen SchlüssenBild: DW

Eine andere Meinung vertritt der georgische Experte Soso Ziskarischwili. Er meint, man solle nach Janukowitschs Wahlsieg keine voreiligen Schlüsse ziehen und erst abwarten, wie sich Kiews Beziehungen zu Brüssel, Washington und Moskau gestalten würden. Erst dann könne man sehen, wie sich ein neuer außenpolitischer Kurs der Ukraine auf Georgien auswirken würde. "Bisher befasste sich nur Moskau mit Janukowitsch. Kontakt zu Washington und Brüssel hatte er keinen", so Ziskarischwili.

Autorin: Amalia Ogandschanjan / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Nicole Scherschun