Georgien als Beispiel für die Ukraine
2. Juni 2014Es ist der erste offizielle Besuch des seit November 2013 amtierenden georgischen Ministerpräsidenten Irakli Garibaschwili bei der deutschen Regierungschefin Angela Merkel. Eines der wichtigen Themen: die Krise in der Ukraine. Garibaschwili nannte sein Land dabei als beispielhaft dafür, dass konstruktive, normale Beziehungen zu Russland möglich und dadurch Probleme zwischen zwei Staaten lösbar seien. Das, was der Ukraine derzeit drohen könnte – die Abspaltung weiterer russlandfreundlicher Gebiete – hat Georgien schon hinter sich, zusätzlich zu einem bewaffneten Konflikt mit dem großen Nachbarn vor sechs Jahren. Jetzt habe man wieder einen guten Kontakt zu Moskau. Der ukrainischen Regierung riet Garibaschwili zu einem raschen Dialog mit Russland. "Wir unterstützen die Ukraine als unseren Freund und wir leiden mit ihr", sagte Garibaschwili.
Die Bundeskanzlerin würdigte die Anstrengungen Georgiens, das Land an die Standards der Europäischen Union heranzuführen. "Wir freuen uns, dass Georgien den Weg der Annäherung an die EU geht", bekräftigte Merkel und verwies auf die anstehende Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der früheren Sowjetrepublik am 27. Juni. "Wir werden mit dem Abkommen auf eine höhere Stufe der Integration gehoben", freute sich auch Garibaschwili.
Georgien als Mittelweg
Merkel lobte, dass die neue georgische Regierung viel Kraft investiert habe, um die Beziehungen zu Russland zu intensivieren. Die Bundeskanzlerin interpretierte dies als Zeichen dafür, "dass es hier nicht um ein Entweder-oder geht, sondern, dass hier eine Regierung beide Bereiche klar im Auge hat". Merkel setzt darauf, dass Russland die Assoziierung Georgiens nicht als Provokation empfinden werde. Eine - ebenfalls von Georgien angestrebte - Mitgliedschaft in der NATO stehe nach Einschätzung Merkels beim Gipfel des Verteidigungsbündnisses in Wales nicht auf der Tagesordnung.
Um zum Wirtschaftswachstum in Georgien beizutragen, will sich Merkel dafür einsetzen, dass sich deutsche Unternehmen dort engagieren. Das Land habe sehr gute Voraussetzungen. "Allerdings ist in den letzten Jahren auch der Eindruck einer gewissen Instabilität entstanden", wies die CDU-Politikerin mit Blick auf die Krisenregionen Südossetien und Abchasien darauf hin, die sich von Tiflis losgesagt haben und nun weitgehend von Russland abhängig sind. "Die jetzige Landesregierung hat die Rahmenbedingungen aber entscheidend verbessert und wir müssen ganz klar sagen, dass Georgien ein guter Investitionsstandort sein könnte", meinte Merkel weiter.
Merkel trifft auf Putin
Am kommenden Freitag hat die Bundeskanzlerin vielleicht selbst die Gelegenheit, den Dialog über die Lage in der Ukraine mit Russland zu suchen. Sie trifft dann bei den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie, dem D-Day, auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es sei möglich, dass es zu einem kurzen Austausch komme, kündigte Merkel an. "Ich werde ihm dann so gegenübertreten, wie ich das auch bei Telefonaten tue", erklärte sie und fügte hinzu, dass sie seit dem Beginn der Krise in der Ukraine des Öfteren mit Putin telefoniert habe.