Georg-Büchner-Preis für Marcel Beyer
5. November 2016In seiner Dankesrede sprach Marcel Beyer über das Sprachgenie Georg Büchner. "Über das selbstbesoffene Eierlikördeutsch seiner Zeitgenossen - süßlich, klebrig, sittenrein - kann er nicht einmal mehr lachen, das 'ästhetische Geschlapp' steht ihm 'bis zum Hals'", sagte der Preisträger. Büchner habe beschlossen, die deutschsprachige Literatur um "Ferkeldramen" und Wortfindungen zu bereichern.
In ihrer Laudatio auf Beyer lobte die Berliner Wissenschaftshistorikerin Anke te Heesen den Preisträger als "Sprachweltzeitgenossen", der deute, ohne belehrend zu sein und etwas aufgreife, ohne das Danebenstehende dumm aussehen zu lassen. "Beyer geht es darum, dass das Bekannte uns fremd wird, und wir gerade deshalb der alten gefügigen, liebgewordenen Erinnerung etwas Neues abgewinnen können", sagte te Heesen.
Marcel Beyers Texte seien "kühn und zart, erkenntnisreich und unbestechlich", begründete die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ihre Wahl. "Er widmet sich der Vergegenwärtigung deutscher Vergangenheit mit derselben präzisen Hingabe, mit der er die Welten der Tiere und Pflanzen erforscht. So ist während dreier Jahrzehnte ein unverwechselbares Werk entstanden, das die Welt zugleich wundersam bekannt und irisierend neu erscheinen lässt", hieß es in der Begründung der Jury weiter.
Literarische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
Seit 1991 veröffentlichte der in Süddeutschland geborenen Schriftsteller Marcel Beyer mehrere Romane und Lyrikbände sowie Erzählungen und Essays. Beyer wurde bereits vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem Uwe-Johnson-Preis, dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Kleist-Preis 2014.
Nach dem Studium der Literaturwissenschaften war Marcel Beyer in Köln und von 1996 an in Dresden tätig. Neben seinem schriftstellerischen Wirken gab er Poetikvorlesungen und schrieb als Librettist zusammen mit dem Komponisten Enno Poppe drei Opern. Einer internationalen Öffentlichkeit wurde er 1995 mit seinem Roman "Flughunde" bekannt. Darin thematisiert er die Instrumentalisierung der Sprache durch die Propaganda im Zweiten Weltkrieg.
Renommierte Preisträger
Der Georg-Büchner-Preis wird seit 1951 an herausragende Schriftsteller verliehen, unter ihnen Sibylle Lewitscharoff (2013), Felicitas Hoppe (2012), Friedrich Dürrenmatt (1986), Heinrich Böll (1967), Erich Kästner (1957) und Gottfried Benn (1951). Im vergangenen Jahr erhielt der Schriftsteller und Dramatiker Rainald Goetz den renommierten Preis.
Benannt ist er ist nach dem deutschen Dramatiker, Naturwissenschaftler, Mediziner und Revolutionär Georg Büchner (1813-1837), aus dessen Feder beispielsweise das Dramenfragment "Woyzeck" über den gleichnamigen gedemütigten Soldaten stammt.
Die Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und als einer der bedeutendsten Literaturpreise in Deutschland.
jb/wl (epd/dpa)