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Soja-Anbau in Paraguay

Rachel Stern/ri27. Mai 2014

Paraguay ist der weltweit viertgrößte Exporteur von Soja - ein Großteil geht in die EU. Der WWF versucht mit einer Zertifizierung, den Anbau so nachhaltig wie möglich zu machen, aber Kritiker haben Zweifel an dem Ansatz.

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Foto: Eine Soja-Pflanze (Foto: CC BY 2.0: Nicetoenv/flickr: https://www.flickr.com/photos/88493584@N05/8253614605)
Paraguay ist weltweit der viertgrößte Exporteur von Soja. Größter Abnehmer der paraguayischen Ernte ist die Europäische Union.Bild: Nicetoenv/CC BY 2.0

Im Osten Paraguays erstreckt sich ein Meer aus Soja so weit das Auge reicht. Nur vereinzelt wird das uniforme Grün von Straßen oder kleinen Maisfeldern unterbrochen. Das "grüne Gold" dominiert ganze Regionen, die bis in die 1960er Jahre noch von dichtem Wald bedeckt waren.

Obwohl es nur ein relativ kleiner Binnenstaat in Südamerika ist, hat sich Paraguay zum viertgrößten Soja-Exporteur entwickelt - die Felder bedecken 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen des Landes. Doch die immer schnellere Entwaldung und intensive Landnutzung haben Umweltschützer auf den Plan gerufen. Sie drängen darauf, dass der Anbau ökologisch und sozial nachhaltiger gestaltet wird.

"Wir müssen sehen, dass wir einen Konsens erzielen zwischen Kleinbauern, die die Auswirkungen der Massensojaproduktion spüren, und großen Produzenten, die ihre Gewinne steigern wollen", sagt Sumaia Cruzans, Kommunikations-Koordinatorin des World Wide Fund for Nature (WWF) in Asunción, der Hauptstadt des Landes.

Schutz durch ein Zertifikat

Durch die Teilnahme an der “Round Table on Responsible Soy” (RTRS) Initiative, die der WWF 2006 an den Start brachte, verpflichten sich Soja-Produzenten, bestimmte Standards einzuhalten. Dazu gehört, lokale Wasser-Ressourcen zu schützen und den Anbau in Gegenden zu vermeiden, die als besonders schützenswert eingestuft sind.

Paraguay ist eines von vier Ländern, die am RTRS beteiligt sind. Hier ist der Sojaanbau seit 1998 um das Dreifache auf nunmehr drei Millionen Hektar gewachsen. Doch es gibt nur zwei Unternehmen mit RTRS-Zertifizierung, die Soja auf insgesamt 20.000 Hektar so geschützter Flächen anbauen - weniger als ein Prozent der gesamten Soja-Felder.

Ein Großteil der Rohernte wird in die Europäische Union geliefert - dem weltweit zweitgrößten Importeur - meist für das Mästen von Schweinen und Rindern und um die wachsende Nachfrage nach Biokraftstoffen zu bedienen. Europa importiert rund 34 Millionen Tonnen Soja pro Jahr, sagt Cruzans und ergänzt, dass der WWF zusammen mit der Industrie daran arbeitet, die Produktion so nachhaltig wie möglich zu machen.

Doch Kritiker fragen, wie viel Einfluss der Runde Tisch wirklich hat. Erst Anfang Mai fand die jährliche RTRS-Konferenz im brasilianischen Foz do Iguaçu statt. Ist es nur Greenwashing, eine Geld-Maschine, um umweltbewusste Kunden zu locken, oder hat das seit mittlerweile acht Jahren bestehende Programm echte Veränderungen gebracht?

"Der RTRS-Standard ist sinnvoll, aber er könnte noch so viel besser sein", sagt Jochen Koester, ein Berater der Europäischen Kommission und großer Einzelhandels-Ketten; er war Mitglied der ursprünglichen RTRS Arbeitsgruppe. "RTRS ist ein Geldsparmodell für Unternehmen, die als grüner wahrgenommen werden wollen."

Große Unternehmen zahlten 2500 Euro pro Jahr für die RTRS-Mitgliedschaft - unabhängig davon, ob sie die Kriterien erfüllen, sagt Köster. Nur Unternehmen, die tatsächlich das RTRS-Label tragen, müssen einmal im Jahr vor Ort die Einhaltung der Kriterien nachprüfen lassen.

Foto: Ein Traktor sprüht Unkrautvernichtungsmittel auf einem Feld (Foto: YASUYOSHI CHIBA/AFP/Getty Images)
Viele Umweltschützer kritisieren Monsantos Round-up Ready Sojabohne, die 95 Prozent der Produktion Paraguays ausmacht.Bild: Yasuyoshi Chiba/AFP/Getty Images

Das RTRS-Netzwerk müsse aber auch strengere Umweltstandards anlegen, fordert Köster. Gegenwärtig sei es möglich, intakte Lebensräume in Anbauflächen zu verwandeln, so lange es sich nicht um ursprünglichen Wald handelt und die Flächen bereits durch lokale Behörden für die kommerzielle Nutzung ausgewiesen wurden.

Nachhaltig mit Gentechnik?

Kritiker weisen auch darauf hin, dass die Initiative den Einsatz von gentechnisch verändertem Soja erlaubt. Eines der RTRS-Mitglieder ist das Unternehmen Monsanto, dessen "Round-Up Ready Soja" 95 Prozent der Soja-Produktion in Paraguay ausmacht.

Soja wird in Paraguay fast ausschließlich auf Plantagen angebaut, schreibt die Hilfsorganisation Oxfam International. Die Monsanto-Sojabohnen sind gentechnisch so verändert worden, dass sie unempfindlich gegenüber Glyphosat sind, einem Unkrautvernichtungsmittel, das NGOs und Bauern-Verbände aufgrund seiner drastischen gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen verurteilen.

"Wenn man in einer kleinen Gemeinde lebt, die nur 10 oder 20 Hektar Anbau-Fläche hat, dann sind diese von Sojafeldern umgeben. Die Bewirtschaftung wird fast unmöglich, weil auf den umliegenden Round-Up Soja-Feldern wiederholt gespritzt wird", sagt Nina Holland von Corporate Europe Observatory, einer NGO, die den Einfluss von Lobbyisten in Brüssel kritisch beobachtet.

Doch gentechnisch veränderte Pflanzen seien der einzige Weg, um die steigende Nachfrage zu befriedigen, sagt Luis Cubillo, Berater des paraguayischen Verbandes der Pflanzenöl-Produzenten und RTRS-Experte. "Die Welt muss Millionen Tonnen Soja produzieren, um so viele Millionen Menschen zu ernähren", sagt er, "und Gentechnik ist der beste Weg, dies zu bewerkstelligen."

Soja-Monokulturen weiten sich aus

Ein weiteres Problem: Selbst Plantagen, die kleine Betriebe oder das Land indigener Gemeinden geschluckt haben, haben das RTRS-Label bekommen, schreibt Holland in einem Bericht, nachdem sie Plantagen eines der größten Soja-Produzenten des Landes besucht hat.

"Die RTRS wird kaum etwas gegen die Probleme ausrichten können, die die Ausweitung der Soja-Monokulturen verursacht", sagt Holland. "Kleinbauern-Verbände haben sich gegen eine Teilnahme entschieden, ebenso NGOs."

Neben der Bedrohung für die biologische Vielfalt, Entwaldung und ausgelaugten Böden, haben die Soja-Monokulturen auch direkte soziale Konsequenzen. Sie verdrängen die Landbevölkerung Paraguays, berichtet BaseIS, ein Sozial-Forschungszentrum in der Hauptstadt Asunción. In dem Land mit weniger als sieben Millionen Einwohnern migrieren jährlich rund 9000 Familien vom Land in die Städte. Weil ihnen alternative Einkommensquellen fehlen, verkauften viele Kleinbauern ihre Landrechte an größere Unternehmen, heißt in einem Bericht von Oxfam.

Aber auch auf der wirtschaftlichen Seite scheint das System mit Problemen zu kämpfen: Nur die Hälfte der Soja-Ernte, die unter RTRS hergestellt wurde - oder unter ProTerra, dem anderen nachhaltigen Soja-Zertifizierungssystem - wurde von europäischen Unternehmen eingekauft, heißt es in einem Bericht, den der WWF auf der RTRS-Konferenz vorstellte. Im Gegensatz zu RTRS erlaubt ProTerra keine Gentechnik oder das Aufbrechen traditioneller Landnutzung, selbst wenn dafür ein Ausgleich gezahlt werden würde.

"Die von der Soja-Monokultur verursachten Probleme sind so riesig", sagt Holland, "dass sie allein durch Nachhaltigkeitskriterien nicht zu lösen sind."