Schuldenkrise: Griechenland streikt
8. Dezember 2016Ein landesweiter Generalstreik hat das öffentliche Leben in Griechenland weitgehend lahmgelegt. 20.000 Menschen demonstrierten nach Polizeischätzungen in Athen und Thessaloniki gegen die Sparpolitik. Die Proteste hatten mit einem Streik der Seeleute begonnen. Zahlreiche Inseln ohne Flughafen sind seitdem von der Außenwelt abgeschnitten. Auch im Nahverkehr kam es zu mehrstündigen Arbeitsniederlegungen. U-Bahnen, Stadtbahnen und Busse standen in mehreren Städten des Landes still. Ministerien und zahlreiche staatliche Schulen wurden ebenfalls bestreikt. Außerdem gab es keine Nachrichten in Radio und Fernsehen, da auch Journalisten die Arbeit niedergelegt hatten. Es war der erste Generalstreik in Griechenland seit dem Frühjahr.
Sparpolitik entzündet Gemüter
Die größten Gewerkschaften des privaten und staatlichen Sektoren, GSEE und ADEDY, sowie die kommunistische Gewerkschaft PAME hatten zu den Protestaktionen aufgerufen. Sie reagierten auf den geplanten Haushaltsentwurf für das Jahr 2017, der am kommenden Samstag dem Parlament vorgelegt wird. Der Entwurf enthält Steuererhöhungen und Maßnahmen zur Änderung des Arbeitsrechts. So sind Einschränkungen beim Streikrecht sowie erleichterte Entlassungen vorgesehen. Gehälter und Renten werden um 5,7 Milliarden Euro gekürzt. Außerdem soll öffentliches Eigentum privatisiert werden, wie zum Beispiel 14 Regionalflughäfen, darunter Thessaloniki, der an den deutschen Flughafenbetreiber Fraport verkauft wird.
EU-Forderungen
Die umstrittenen Sparmaßnahmen gehen auf Forderungen der internationalen Kreditgeber zurück. Die Euro-Partner hatten sich mit dem hoch verschuldeten Griechenland Mitte 2015 auf ein drittes Hilfsprogramm in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt. Nur wenn eingespart wird, sind die internationalen Gläubiger bereit, weiter Kredite herauszugeben. Derzeit belaufen sich Athens Schulden nach EU-Angaben auf 180 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. In absoluten Zahlen sind das 315 Milliarden Euro.
Tsipras unter Druck
Die Regierung des linken Ministerpräsidenten Tsipras gibt sich den Ausständen gegenüber gelassen. Laut der Deutschen-Presse-Agentur wertete ein Regierungsfunktionär die Streiks als "Aktionismus der Gewerkschaften". Eigentlich steht jedoch Tsipras stark unter Druck. Demoskopen messen seit Monaten, dass die oppositionellen Konservativen der Nea Dimokratia (ND) einen Vorsprung von acht bis 15 Prozentpunkten vor Tsipras Syriza-Partei haben.
db/stu (dpa, afp)