1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gegen den Strom

15. Februar 2002

Der Schriftsteller und Regisseur Alexander Kluge wurde am 14. Februar 70 Jahre alt. Er ist sich selbst in all den Jahren treu geblieben und trotzdem in ständiger Bewegung – mit ständig neuen Ideen.

https://p.dw.com/p/1r08
Ein Querdenker feiert Geburtstag

Alexander Kluge, der Autor, Regisseur, Philosoph und Fernsehmanager, ist vor allem eines: ein Intellektueller, der seinen Elfenbeinturm zum Baustein eines Massenmediums macht - und dabei die Qual der kleinen Quote nicht scheut. Noch heute produziert er ständig und viel – sein Alter glaubt ihm keiner.

Frühe Leinwandwerke

Kluges erste Kinofilme aus den 60er Jahren haben Titel, die sprichwörtlich geworden sind. Der berühmteste: "Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos" (1968). Viel zitiert auch "Abschied von gestern" (1966), sein erster, auch international erfolgreicher Spielfilm. Genial als Sinnrätsel: "Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit" (1985) - ein teils inszenierter, teils dokumentarischer Essayfilm über den Zustand der Gesellschaft am Ende des Jahrhunderts. Die Titel haben eines gemeinsam: sie klingen rätselhaft. Doch egal welche komplexen Vorgänge sich hinter ihnen verbirgen, Kluge erklärt sie seinem Publikum auf erzählerische Weise.

Alexander Kluge, am 14. Februar 1932 in Halberstadt geboren, ging nach dem Abitur in Berlin zum Studium nach Marburg und Frankfurt am Main. Er wählte eine kuriose Fächerkombination: Rechtswissenschaften, Geschichte und Kirchenmusik. Doch die Juristerei blieb, obwohl Kluge nach der Promotion 1956 als Rechtsanwalt tätig war, ein Nebenfeld.

Vertreter des Autorenkinos

Der Film war sein erstes Terrain. Er assistierte Fritz Lang und drehte danach eigene Kurzfilme. Als Mitinitiator des "Oberhausener Manifestes" von 1962 opponierte Kluge gegen die Opa-Studiogeneration, plädierte intelligent und vehement für das Autorenkino. Und er setzte sich entscheidend für die deutsche Filmförderung ein, die erst später, in den siebziger Jahren gesetzlich geregelt wurde.

Seine eigene Erzählweise ist so vertrackt wie gewinnend, eine Anspielungstechnik, die ständig neue Puzzle zusammensetzt. Der Zuschauer ist immer gefordert, das Dokumentarische und Inszenierte auch in der eigenen Wahrnehmung zu montieren und individuell zu interpretieren.

Quotenkiller

Dass er nebenher ein kleines Fernseh-Imperium aufgebaut hat, das mit eigener Lizenz ganz subversiv die Massen-Fronten der großen privaten Sender unterläuft und nicht vertrieben werden kann, das ist eine eigene Geschichte. Eine erfolgreiche dazu, auch wenn RTL und Sat.1 die Kluge-Fensterprogramme ("Quotenkiller", so das Rendite-Urteil des ehemaligen RTL-Programmchefs Helmut Thoma) immer loswerden wollten. Doch seine "Schnellboote" - so sieht er diese TV-Einsprengsel -, sind immer unterwegs zwischen den Tankern der Etablierten.

Ein Spezialitäten-Fernsehen hat er gerade in Berlin ins Leben gerufen: XXP, das Metropolen-Programm. Partner ist der "Spiegel". Daneben bleiben Zeit und Energie fürs Bücherschreiben. Das bisher letzte Werk ist "Chronik der Gefühle". Ein weiterer literarischer Erfolg war "Geschichte und Eigensinn".

Zum 70. Geburtstag hat auch Bundespräsident Johannes Rau Kluge "großen Respekt" bezeugt. Er würdigte seinen dem "Film und den Medien leidenschaftlich zugewandten Lebensweg". Kluges Filme seien nicht nur herausragende Beispiele die Möglichkeit, mit bewegten Bildern die gesellschaftliche Realität zu reflektieren, sondern auch engagierte Appelle an die Fähigkeit, sich eine eigende Meinung, ein eigenes Urteil zu bilden. (epd/fro)