Warum es im Iran immer wieder bebt
13. November 2017Das Epizentrum des Erdbebens am Abend des 12. November 2017 an der irakisch-iranischen Grenze lag mitten im Zagros-Gebirgszug in der westiranischen Provinz Kermanschah, unweit der irakischen Stadt Halabdscha. Es erreichte eine Stärke von 7,3 auf der nach oben offenen Richterskala.
Das Zagros-Gebirge - aufgehäuft durch die Gewalt der Platten
Der Gebirgsrücken Zagros reicht von der türkischen Grenze bis zur Straße von Hormus. Er entsteht, weil sich dort die Arabische Platte mit 3,5 Zentimetern pro Jahr unter die Iranische Platte schiebt.
Die Iranische Platte wird auch als "Mikroplatte" bezeichnet. Eigentlich ist sie Teil der riesigen Eurasischen Platte, nur etwas vorgelagert. Zwischen Eurasischer- und Arabischer Platte wird sie praktisch eingequetscht - wie zwischen einem Schraubstock. Dadurch richtet sich das Gebirge immer weiter auf.
Der Zagros ist gemeinsam mit den größten Hochgebirgen der nördlichen Hemisphäre entstanden, zusammen mit den Pyrenäen, mit den Alpen, dem Kaukasus und dem Himalaya. Aber auch Inseln wie Sumatra und Java sind gleichzeitig entstanden - gewachsen durch Plattentektonik.
Dieser Prozess begann bereits vor etwa 100 Millionen Jahren. Am stärksten wuchsen diese Gebirge vor gut 20 Millionen Jahren. Aber auch noch heute ist das Wachstum im Gange - wenn auch deutlich verlangsamt.
Das erste schwere Beben in der Provinz Kermanschah
So schwere Erdbeben wie zuletzt sind in der näheren Region um das jetzige Epizentrum in der Provinz Kermanschah bisher jedoch nicht aufgetreten.
Historisch überliefert sind zwar zahlreiche Beben in Iran und Irak, sie kamen in den vergangenen Jahrhunderten aber nicht in diesem nördlichen Bereich des Zagros-Gebirges vor.
Beben entlang des Kaspischen Meeres sind dagegen häufiger: Nahe der Städte Rudbar und Rascht kostete 1990 ein Beben der Stärke 7,4 mehr als 40.000 Menschen das Leben. Es war eines der schwersten Beben, die der Iran je erlebte. Das Epizentrum lag etwa 400 Kilometer nördlich des jetzigen Bebens.
Auch auf irakischer Seite gab es schwere Beben. Aber die Größten davon lagen in der Ebene jenseits des Zagros: So hatte im Jahre 871 in Wasit im heutigen Irak die Erde gebebt. Zwar wurde damals die Stärke des Bebens nicht erfasst, aber es starben wahrscheinlich etwa 20.000 Menschen.
Der Ort liegt etwa 250 Kilometer Luftlinie südlich vom Epizentrum des jüngsten Bebens. Gleichzeitig ist es eines der wenigen historisch überlieferten Beben, die dem jetzigen geographisch am nächsten liegen.
Ein riesiges gefährdetes Gebiet
"Das Besondere am Iran ist, dass sich dort in einer Kollisionszone der seismische Gürtel über einen sehr breiten Bereich erstreckt", erklärt der Seismologe Torsten Dahm vom Geoforschungszentrums Potsdam, gegenüber der Deutschen Welle.
Das Erdbebengebiet des Irans ist mehr als 1600 Kilometer lang und mehr als 400 Kilometer breit. "Es gibt nicht eine einzige scharfe Plattengrenze, sondern viele Bruchzonen", sagt Dahm. "Das unterscheidet den Iran auch von den Subduktionszonen." So nennen sich die Plattengrenzen, an denen die riesigen ozeanischen Platten sich unter die Kontinentalplatten schieben und in den Erdmantel abtauchen - etwa am Pazifischen Feuerring oder an der Pazifikküste Amerikas.
Dort treten häufig auch noch stärkere Beben auf - sogar mit Magnituden über 9. Ungefährlicher ist es deshalb für die Menschen im Iran nicht. Denn es gibt einen großen Unterschied zwischen diesen unterschiedlichen geologischen Formationen: "Weil sich die Platten an der iranischen Kollisionszone viel flacher untereinander schieben, finden die Erdbeben in geringer Tiefe statt - zwischen 15 und 30 Kilometern", sagt Dahm.
Im Pazifik hingegen kann es auch Hunderte von Kilometern in der Tiefe beben. "Zum Beispiel richtet ein Erdbeben in geringer Tiefe bei gleicher Stärke auch mehr Schäden an der Oberfläche an als ein Erdbeben, das in großer Tiefe auftritt", sagt der Seismologie-Professor. Für den Iran jedenfalls gilt: Die seismische Gefährdung ist im ganzen Land groß.