Joggen: Gefährlicher Sport?
6. Februar 2015Auch wenn seinen Namen heute niemand mehr kennt - der Grieche Pheidippides ist weltberühmt. Der Legende nach rannte der junge Mann vor 2500 Jahren von Marathon nach Athen. Und das nicht zum Spaß: Er verkündete den Sieg über die Perser. Doch als er seine Botschaft am Ende der rund 40 Kilometer langen Strecke überbracht hatte, brach der Grieche vor Erschöpfung tot zusammen.
Ob sich die Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, kann heute niemand mehr belegen. Doch die Überlieferung hat einen brandaktuellen Bezug, wenn man einer jetzt veröffentlichten Studie der Universität Kopenhagen glaubt. Sie besagt, dass Joggen schädlich sein kann – oder jedenfalls keinen positiven Effekt hat, wenn man es exzessiv betreibt.
1098 Jogger und 3950 unsportliche Nichtjogger nahmen an der Untersuchung teil. Alle Probanden waren zu Beginn der Studie gesund. Jetzt, nach zwölf Jahren, zogen die Forscher Bilanz: Die Sterblichkeitsrate unter exzessiven Joggern ist fast genauso hoch wie bei den Nichtjoggern. Die niedrigste Sterblichkeitsrate hatten hingegen jene Jogger, die nicht mehr als zweieinhalb Stunden pro Woche trainierten.
Weniger ist manchmal mehr
Der Olympia-Arzt Professor Bernd Wolfarth betreut seit vielen Jahren die Biathlon-Nationalmannschaft und ist seit den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver zudem leitender Mannschaftsarzt des deutschen Olympiateams. Der Sportmediziner bestätigt die Ergebnisse in Teilen. Grundsätzlich empfiehlt er drei bis vier Stunden zusätzliche Aktivität pro Woche. "Damit ist natürlich keine rein intensive Belastung gemeint, wie das Joggen sie darstellt." Als Faustregel gelte: Zwei Drittel der sportlichen Betätigung soll das Ausdauertraining ausmachen, ein Drittel das Krafttraining, das bestimmte Muskelpartien stärkt. "Dann liegt man für das Joggen bei zwei bis zweieinhalb Stunden pro Woche", so Wolfarth.
Durch ein zu intensives Training können vor allem Bewegungsapparat und Herz-Kreislauf-System überlastet werden. Das kann insbesondere bei Läufern mit Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zu Komplikationen führen. Wenn diese im Vorfeld intensiver sportlicher Belastung nicht erkannt werden, können sie sogar tödlich enden. Ob das der Grund für die unerwartet hohe Sterblichkeitsrate unter den exzessiven Joggern ist, kann Wolfarth nicht zweifelsfrei bestätigen. Die Ursachenforschung müsse hier noch weiter vorangetrieben werden und sei nicht Ziel dieser Studie gewesen.
Erst zum Arzt, dann zum Training
Gerade bei älteren Sportlern und Einsteigern müsse auch darauf geachtet werden, dass Knorpel, Gelenke und Knochengerüst nicht überlastet würden. Bereits ab einem Alter von 35 Jahren empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) Sporteinsteigern, vorab eine Untersuchung durchführen zu lassen, die ihren Gesundheitszustand überprüft und bestenfalls auch die Grundkondition ermittelt. Aber auch wer schon mit dem Training begonnen hat, sollte nicht zögern, einen Arzt zu konsultieren. Nur so kann der Sportler sicherstellen, dass er nicht zu viel trainiert. Denn laut Wolfarth fällt es gerade Untrainierten schwer, ihre eigenen Grenzen beim Sport einzuschätzen. "Ein Sportmediziner kann das aktuelle Vermögen quantifizieren und auf dieser Basis ganz konkret sagen, welche Belastungen für eine Person gesund sind oder nicht."
Als Sport für Einsteiger empfiehlt Wolfarth das Joggen übrigens nicht. Besser geeignet seien da moderate Belastungen wie Walking, Nordic Walking oder Fahrradfahren. Dieser Rat zur gemäßigteren Gangart hätte wohl auch das Leben Pheidippides retten können. Aber dann gäbe es heute keinen Marathon.