Gedenken und skurrile Rituale an Karfreitag
30. März 2018Zehntausende Menschen haben auf den Philippinen bei den umstrittenen Kreuzigungen zugeschaut. In mehreren Dörfern, darunter der Ort San Pedro Cutud, ist es seit Jahrzehnten Tradition, dass sich einige strenggläubige Christen am Karfreitag ans Kreuz schlagen lassen. Zur Begründung dieses Rituals heißt es, die Selbstkasteiung solle dazu dienen, sich von Sünden zu reinigen.
In diesem Jahr ließen sich allein in San Pedro Cutud zehn Personen ans Kreuz nageln, einer von ihnen bereits zum 32. Mal. Mit dem Hammer wurden ihnen dazu Nägel in Hände und Füße getrieben. Die Kreuze mit den Gläubigen wurden dann in die Höhe gezogen und blieben mehrere Minuten lang stehen. Andere Personen schleppten große Holzkreuze auf dem Rücken durch die Straßen. Auf dem Kopf trugen sie Kronen aus Stacheldraht. Zudem schlugen sich mehrere Dutzend Gläubige mit Peitschen selbst den Rücken blutig. Währenddessen herrschte unter den Schaulustigen fast eine Art Volksfeststimmung. An Ständen wurden Würstchen, Eis und kalte Getränke verkauft.
Rund 80 Prozent der Philippiner gehören der katholischen Kirche an. Erzbischof Socrates Villegas hatte sich im Vorfeld des Feiertags kritisch über die lebensechten Kreuzigungen geäußert. Er forderte die Gläubigen auf, "statt Blut auf den Straßen zu vergießen" lieber zum Blutspenden zum Roten Kreuz zu gehen.
Geißelungen und Prozessionen
Auch in vielen anderen Ländern gibt es rituelle Karfreitagsbräuche. So kommt es beispielsweise in Mexiko häufiger zu Geißelungen während der Aufführungen und Prozessionen zur Passion Christi. Die größte Karfreitagsveranstaltung des Landes gibt es in Mexiko-City. Im Stadtteil Iztapalapa wird auf dem Sternenhügel die Kreuzigungsszene nachgestellt. Dazu strömen alljährlich bis zu zwei Millionen Menschen zusammen.
In Spanien finden ebenfalls Passionsspiele und zahlreiche Prozessionen statt. Dabei tragen die Teilnehmer spezielle Kutten und ziehen unter dumpfen Trommelschlägen durch die Städte und Ortschaften. Auch hier säumen zahlreiche Gläubige und Schaulustige die Straßen.
Feiern in Rom und Jerusalem
In Rom gedenkt Papst Franziskus zusammen mit den Gläubigen in einem Gottesdienst im Petersdom der Kreuzigung Jesu. Anschließend leitet er die Kreuzwegsprozession am Kolosseum. Die Betrachtungen zu den Stationen haben in diesem Jahr Schüler einer römischen Oberschule geschrieben. Sie beschreiben darin die Gefühle und Gedanken junger Menschen angesichts des Leidens Jesu.
In Jerusalem sind Tausende Pilger in Prozessionen durch die Altstadt zur Grabeskirche gezogen. Am späten Vormittag führten die Franziskaner-Mönche Gläubige die Via Dolorosa zur Grabeskirche hinauf.
Kirchen in Deutschland plädieren für friedliches Miteinander
In Deutschland ist der Karfreitag ein stiller Feiertag, an dem alle öffentlichen Tanzveranstaltungen verboten sind. Vertreter der Kirchen in Deutschland haben anlässlich des Gedenkens an die Passion Christi zum friedlichen Zusammenleben aufgerufen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, sagte, Christen dürften sich nie mit Hass in der Welt abfinden.
Der Vorsitzende der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hob besonders das Verhältnis zu den in Deutschland lebenden Muslimen hervor. Christen seien verpflichtet, den Weg von Gewaltlosigkeit und Liebe zu gehen, betonte Marx beim traditionellen "Kreuzweg der Völker" durch die Münchner Innenstadt. Dieser Grundsatz gelte auch für die Begegnungen mit anderen Religionen wie etwa den Muslimen in Deutschland.
Der Karfreitag steht am Ende der 40-tägigen Fastenzeit vor dem Osterfest. Der Wortteil "Kar" kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet Trauer oder Wehklage.
kis/mak (dpa, kna, afp)