Gauck zu Gast in Tansania
2. Februar 2015Mit seinem Staatsbesuch in Tansania, der offiziell am Dienstag (03.02.2015) beginnt, nimmt der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck die Fäden seines Amtsvorgängers auf: Christian Wulff hatte Anfang 2012 eine Afrikareise mit Station in dem ostafrikanischen Land geplant. Tage vor dem Reiseantritt kam dann der Rücktritt des damaligen Präsidenten - die Reise fiel aus. Wenn Gauck fortsetzt, was Wulff begonnen hatte, ist das nicht nur Formsache, schätzt Richard Shaba. Der Tansanier ist Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Dar-es-Salaam. "Unsere Länder stehen sich historisch sehr nah", sagte Shaba der Deutschen Welle. Manche Bindungen stammten aus der Zeit, als das Gebiet unter deutscher Kolonialherrschaft stand. Das sei prägend, aber kein Hindernis für die heutigen Beziehungen beider Länder: "Heute tritt Deutschland ja nicht mehr als Kolonialmacht auf."
Zwei schwierige Momente hätte es in den diplomatischen Beziehungen Deutschlands und Tansanias schon gegeben, sagt Shaba. Der erste kam gleich nach der Gründung Tansanias aus den Staaten Tanganyika und Sansibar im Jahr 1964. Tanganyika pflegte Beziehungen zur Bundesrepublik (BRD), Sansibar zur Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Damals herrschte aber in der Bundesrepublik die Hallstein-Doktrin, eine Doktrin aus Zeiten des Kalten Krieges, die besagte, ein Staat dürfe nicht gleichzeitig Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik haben. Das empfand Tansanias erster Präsident Julius Nyerere als Einmischung - und verwies alle Deutschen außer dem Botschaftspersonal des Landes. Der zweite schwierige Moment kam 2013, als Tansania einer deutschen Botschafterin ohne Angabe von Gründen die Akkreditierung verweigerte. Auch wenn die aufnehmenden Länder formell dieses Recht haben, sorgte die Entscheidung für diplomatische Verstimmungen. Sie sei "nicht nachzuvollziehen", hieß es damals aus dem Auswärtigen Amt.
Stärkung der Zivilgesellschaft
Beide Momente sind jedoch heute Geschichte. Die tansanische Bevölkerung sehe dem Staatsbesuch mit Freude entgegen, sagt Mwesiga Baregu, Professor für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen an der Universität von Dar es Salaam. Sie wisse: "Deutsche Organisationen spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau der tansanischen Zivilgesellschaft." Zivilgesellschaftliche Vertreter wird der Bundespräsident am Mittwochnachmittag treffen. Zunächst steht jedoch ein Vier-Augen-Gespräch mit Tansanias Präsident Jakaya Mrisho Kikwete auf dem Programm. Dort gebe es auch Raum für Kritik, schätzt Baregu.
Ein Thema sei der so genannte Escrow-Skandal: Ein Stromkonzern hatte 2014 Regierungsgelder veruntreut, um Anteile an einem privaten Energieunternehmen zu erwerben. Nachdem das tansanische Parlament den Skandal aufgedeckt hatte, setzten die internationalen Geberländer ihre Zahlungen an Tansania aus - darunter auch Deutschland. Das Geld soll erst gezahlt werden, wenn der Fall restlos aufgeklärt ist.
Wirtschaftsbeziehungen stärken
2015 stehen in Tansania sowohl eine Volksabstimmung zur neuen Verfassung als auch Wahlen an - beide drohten zu großen Belastungen für den tansanischen Haushalt zu werden, sagt Politikwissenschaftler Baregu. Kikwete werde sich in diesen Punkten um Unterstützung bemühen. Als enger Partner Tansanias könne sich Deutschland auch bei anderen Geberländern dafür einsetzen, die eingefrorenen Entwicklungshilfen wieder freizugeben. Darüber hinaus wird es darum gehen, die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder anzukurbeln. Gaucks Delegation umfasst auch Vertreter der Wirtschaft, für Dienstagmittag ist ein Essen mit Geschäftsleuten angesetzt. Als "schwach, aber wachsend" bezeichnet Baregu die privatwirtschaftlichen Beziehungen beider Länder. Deutsche Investoren seien etwa daran interessiert, die tansanischen Erdgasvorkommen zu erschließen.
Besonderes Potenzial für sein Land berge der Sektor der Erneuerbaren Energien, sagt Richard Shaba von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Deutschland als Vorreiter der Erneuerbaren könne hier eine wichtige Rolle spielen. "Deutschland hat viele Möglichkeiten, mit denen es in Tansania einen positiven Wandel herbeiführen könnte zum Schutz der Bäume und des Klimas", sagte Shaba. Wind und Sonne gebe es in Tansania ja genug - an Fachkräften bestehe aber ein großer Bedarf.