Gauck: Afrika schreibt Demokratiegeschichte
18. März 2013In seiner Rede vor der ständigen Vertretung der Afrikanischen Union (Artikelbild) sprach Bundespräsident Joachim Gauck über Demokratie und Menschenrechte. Dabei appellierte er an die afrikanischen Staaten, ein neues Kapitel von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aufzuschlagen. Am Ende des Kalten Krieges habe es auf dem Kontinent nur drei demokratisch verfasste Staaten gegeben, heute seien es etwa zwanzig. Allerdings seien Wahlen noch keine Garantie für eine gelingende Demokratie, sagte Gauck aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der AU in diesem Jahr. Afrika müsse besondere Herausforderungen überwinden und seinen eigenen Weg zur Demokratie finden. Von der Afrikanischen Union forderte der 73-jährige einen entschlossenen Kampf gegen Korruption und für die Durchsetzung der Menschenrechte.
Der Bundespräsident bezeichnete es als Gewinn für die Demokratie, dass die Presse- und Versammlungsfreiheit auf dem Kontinent immer mehr zunehme. Kritik könne so schwerer mundtot gemacht werden. "Afrika hat längst begonnen, in unübersehbarer Weise Demokratiegeschichte zu schreiben", sagte Gauck. So gaben sich Namibia und Südafrika in den 90er-Jahren neue Verfassungen, Kenia folgte 2010. Hand in Hand mit der Demokratie habe sich auch die Wirtschaft hoffnungsvoll entwickelt. Besonders in den vergangenen zehn Jahren habe Afrika eine Wachstumsphase hinter sich, die in der jüngeren Geschichte ihresgleichen suche. "Sechs der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt liegen in Afrika", so Gauck.
Mehr als die Hälfte aller Kindersoldaten der Welt in Afrika
In seiner Rede machte der Bundespräsident aber auch auf die Schattenseiten Afrikas aufmerksam. Der Kontinent leide unter schrecklichen Kriegen und Bürgerkriegen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen finde man in Afrika mehr als die Hälfte aller Kindersoldaten der Welt. "Kinder bewusst zum Töten zu missbrauchen, ist eine besonders grausame Menschenrechtsverletzung", sagte Gauck. Auch mit Blick auf die Frauenrechte bestehe noch großer Handlungsbedarf. Es werde gewiss noch einige Zeit dauern, bis sich Standards von Demokratie, Marktwirtschaft und Menschenrechten "von Kapstadt bis Kairo flächendeckend durchsetzen".
Sein erstes Amtsjubiläum feierte das deutssche Staatsoberhaupt weit weg von Berlin mit einer besonderen Ehrung: Der 73-Jährige besuchte in Addis Abeba das Grab des äthiopischen Kirchenführers Gudina Tumsa und legte dort ein Blumengebinde nieder. Tumsa war der langjährige Generalsekretär der evangelischen Kirche Mekane Yesus in Äthiopien und stand der brutalen Militärdiktatur der Derg in den 1970er Jahren kritisch gegenüber. Im Jahr 1979 wurde er nach einem Abendgottesdienst von Derg-Soldaten entführt und ermordet.
Am Morgen war er zunächst von seinem äthiopischen Kollegen Girma Woldegiorgis empfangen worden. Das Treffen fand im Nationalpalast statt, in dem Kaiser Haile Selassie bis zur Machtübernahme der Derg residierte. Woldegiorgis ist seit Ende 2001 im Amt und der zweite Präsident des ostafrikanischen Landes seit der Gründung der Demokratischen Republik Äthiopien im Jahr 1995. Bereits am Sonntag war Gauck mit Ministerpräsident Hailemariam Desalegn zusammengetroffen.
hf/gmf (epd, dpa)